November 2000:
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Frankfurter Bündnis gegen Spekulation -
ohne BüSo wird es nichts

James Tobin
Ein neues bundesweites Netzwerk will "demokratische Kontrolle der internationalen Finanzmärkte" durchsetzen.

Im Bild der Wirtschaftsnobelpreisträger James Tobin, "Guru" der Antiglobalisierer, der aber in Interviews seine selbsternannten Jünger eher herablassend belächelt - weil seine Wirtschaftslehre recht "realpolitisch" in Sinne der Finanzoligarchie einzustufen ist.

In den letzten 5 Jahren waren es Mitglieder und Aktivisten der Bürgerrechtsbewegung Solidarität gewohnt, daß sie in politischen Debatten, in Wahlkämpfen und Kampagnen recht einsam dastanden, wenn es um Analysen der Entwicklung der internationalen Finanzkrise, um Alternativen zur Globalisierung, um Warnungen vor einem allgemeinen Finanzkrach oder gar um die Initiative für "ein Neues Bretton Woods" ging. Die Finanzkrisen der letzten Jahre, vor allem die Asienkrise 1997, die Rußland-Krise 1998, der Beinahe-Crash im September 1998 und das hektische Auf und Ab der Finanzmärkte im laufenden Jahr haben diese Situation grundlegend verändert.

So ist es interessant, daß sich jetzt in Deutschland auf regionaler und später auf bundesweiter Ebene ein Netzwerk von Organisationen aus dem kirchlichen, gewerkschaftlichen, sozialen und politischen Bereich gründen soll, die den Fehlentwicklungen der Globalisierung mit seiner einseitigen Orientierung an spekulativen Finanzgewinnen und "Shareholder-Value-Ideologie" entgegentreten will.

Am letzten Oktobersamstag hatten sich in Frankfurt Vertreter unterschiedlicher Organisationen versammelt, um dieses Netzwerk in Gang zu bringen. Bereits am 31. Mai hatten sich in Berlin eine Reihe von Organisationen zusammengeschlossen, deren Erklärung jetzt die Basis für das in Frankfurt entstehende Netzwerk bilden soll. Soweit die plakativ formulierte Erklärung geht, greift sie wichtige und richtige Punkte auf: Sie spricht von der Macht der internationalen Finanzmärkte, von dem Diktat von Dax, Dow Jones und des "Shareholder Value", die die demokratischen Strukturen gewählter Regierungen unterminieren. Sie erwähnt die völlig wahnwitzigen Finanztransaktionen, die zu den Finanzcrashs führten, die wie in Asien jahrelange wirtschaftliche Anstrengungen zunichte gemacht haben. Sie analysiert das Auseinanderdriften zwischen armen Entwicklungsländern und den reichen westlichen Industrienationen. Die Erklärung ruft dann zu einer Bewegung von unten auf, "die die etablierte Politik zwingen soll, die Interessen der Mehrheit der Menschen gegen die Mehrheit der Wirtschaft zu vertreten".

Der anschließende Forderungskatalog beinhaltet u.a. Punkte wie: Die Einführung einer Steuer auf internationale Finanztransaktionen (Tobin-Steuer oder Devisenumsatz-Steuer), die Schließung der Steuerparadiese und Off-shore-Zentren, das Verbot von Derivaten und "hochspekulativen Hedge-Funds", die Schuldenstreichung für die Entwicklungsländer, die Stabilisierung der Wechselkurse zwischen Yen, Euro und Dollar und auch die Ablehnung der Privatisierung der Altersversicherung durch sogenannte Pensionsfonds.

Während der Veranstaltung in Frankfurt, die von Vertretern der Organisation KAIROS Europa, Pax Christi und dem Amt für Ökumene der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau geleitet wurde, wurde gleich zu Beginn in den Beiträgen von Professor Hengsbach und Jörg Hufschmied deutlich, daß sich die neue Initiative recht einseitig auf die Forderung nach der Einführung einer Devisenumsatzsteuer einschränken will. Dies ist besonders paradox, da beide Redner selbst mehrmals betonten, die Tobin-Steuer werde - wenn überhaupt - nur ein Therapie-Mittel gegen die Krankheit der Globalisierung sein können. Um die Krankheit wirklich zu heilen, müßten andere und mehrere Schritte auch ergriffen werden. Zum anderen wurde in keinem der Redebeiträge der Versuch gemacht, eine schonungslose Diagnose der Krankheit und ihre akute Zustandsbeschreibung zu geben.

Dabei hätten sich die Entwicklungen der letzten Wochen auf den Finanzmärkten mit der immer wieder aufkommenden Panik-Stimmung geradezu angeboten, auf die drohende völlige Desintegration des Finanzsystems einzugehen. Selbst auf die direkte Frage eines BüSo-Vertreters zu dieser Systemkrise wollte sich Herr Hengsbach nicht auf eine klare eigene Einschätzung der aktuellen Lage festlegen. Es war bezeichnend und symptomatisch für die Veranstaltung, daß Herr Hengsbach nur antworten wollte: Es gibt Personen, die von einem unausweichlichen Krach sprechen und eben auch andere. Das ganze Ausmaß der Finanzkrise, ihre Auswirkungen auf die ökologisch-epidemiologische Lage von Millionen von Menschen in den Entwicklungsländern, die aktuelle Verschärfung der Kriegsgefahr im Nahen Osten und der ursächliche Zusammenhang zu der finanzpolitischen Desintegration, wurden mit keinem Wort angesprochen.

Entscheidend zur Einschätzung des Veränderungswillens der Veranstalter wird auch sein, inwieweit sie bereit sind, ernsthaft auf die Analysen und die Aktivitäten der BüSo für ein "Neues Bretton Woods" einzugehen. Zum einen waren die BüSo, Artikel aus der Wochenzeitung Neue Solidarität vielen Teilnehmern durchaus bekannt. Andererseits konnten Vertreter der Gewerkschaften und von "Linksruck" offen die BüSo und ihre Vorsitzende in übelster und typischer Weise verleumden. Das ging so weit, daß der Vertreter der Frankfurter Gewerkschaften die Veranstalter vor die Wahl stellen wollte, entweder wir oder die BüSo.

Die Veranstalter, ihre Organisationen und Mitglieder werden an der Tatsache nicht vorbeikommen, daß die Arbeit und die Ideen von LaRouche, vor allem sein Konzept für ein "Neues Bretton Woods", in vielen Ländern der Welt, für alle, die nicht in einer Zivilisationskrise untergehen wollen, zu dem moralischen und programmatischen Bezugspunkt geworden sind. Warum sollten das Vertreter kirchlicher und anderer gesellschaftlicher Organisationen in Deutschland nicht verstehen?


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