März 2006:
Dem Engagement sind keine Grenzen gesetzt
Das Interview mit dem BüSo-Spitzenkandidaten Alexander Hartmann zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung in Wiesbaden führte Gabriele Liebig.
Sie sind hier auf dem Mauritiusplatz in Wiesbaden und machen Wahlkampf
für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung, an der die BüSo mit einer Liste
von 27 Kandidaten teilnimmt. Herr Hartmann, Sie sind Spitzenkandidat. Worum
geht es bei diesem Wahlkampf?
Hartmann: Das Motto unseres Wahlkampfes heißt: "Schluß
mit der Kasinowirtschaft!" Wir sehen eine weltweite Wirtschaftskrise, und wir
brauchen 30 000 neue Arbeitsplätze - und das geht nur, wenn wir zu einer
Reindustrialisierungspolitik zurückkehren.
Was sind denn die besonders markanten Symptome der Kasinowirtschaft,
bezogen auf Wiesbaden?
Hartmann: Ja, das offensichtlichste Symptom sind die
17 000 Arbeitslosen. Wir haben eine soziale Krise in verschiedenen
Stadtteilen Wiesbadens, wo die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist, und ein Aspekt
ist dann natürlich, daß auch an allen Ecken und Kanten gespart wird. Ich nenne
als ein Beispiel die Verkehrsbetriebe, in die man eine privatisierte
Gesellschaft hereingeholt hat, die den Busfahrern 300 Euro im Monat weniger
zahlt. Das heißt, hier wird die Finanzkrise der Stadt auf Kosten der Busfahrer
ausgetragen, anstatt zu sagen, wir lösen die Krise von Grund auf und errichten
ein Finanzsystem, das dafür sorgt, daß soviel in die Kassen hereinkommt, daß
solche Dinge finanzierbar sind.
Wie stehen Sie zur Privatisierung oder Piratisierung?
Hartmann: Wir sind absolut dagegen. Da wird Tafelsilber
verkauft: Wir haben jetzt in Dresden die große Debatte über den Verkauf von 48 000 städtischen Wohnungen gehabt. Damit wird Dresden auf dem Papier von Schulden befreit; aber wir wissen aus dem Fall Wilhelmshaven: die Defizite bleiben, d.h. die Schulden kommen wieder. Wir haben drüben in Mainz jetzt eine Diskussion, 13 000 städtische Wohnungen zu verkaufen. Das betrifft zum Teil auch Wiesbaden, weil ein Teil der Wiesbadener Vororte eigentlich - historisch gesehen - Mainzer Vororte sind, und von daher ein Teil dieser Wohnungen auf Wiesbadener Gebiet liegt. Die Stadt Wiesbaden ist da mit 17 Prozent beteiligt.
Die BüSo geht die Probleme langfristig an, und das Wahlextra macht ja auch den Scheideweg deutlich, ob Wiesbaden nun in 50 Jahren nachindustrielle Schrumpfzone oder eine produktive lebendige Stadt ist. Wie sieht denn nun die BüSo die Alternative zur Kasinowirtschaft?
Hartmann: Die Alternative zur Kasinowirtschaft ist zunächst einmal eine Gipfelkonferenz im Stile eines neuen Bretton-Woods-Abkommens, wo man Schulden reorganisiert, wo man wieder verbindliche Wechselkurse einführt, Spekulation durch Regierungsabkommen unterbindet und dann einen neuen Marshallplan macht. In dem Moment, wo man sich überlegt, welche Investitionen wir tätigen müssen, damit die Welt in 50 Jahren lebensfähig ist - in dem Moment haben wir genügend zu tun, um alle Menschen zu beschäftigen.
Das Problem Nummer Eins ist ja wohl die Arbeitslosigkeit. Die BüSo will
30 000 produktive neue Arbeitsplätze schaffen. Was ist denn dazu nötig?
Hartmann: Nun, wir sagen, wir brauchen zunächst einmal die Infrastruktur, die dafür Voraussetzung ist, d.h. wir brauchen Eisenbahnen, wir brauchen Schnellstrecken, wir brauchen den Transrapid. Ein großer Bereich, in dem Investitionen notwendig sind, ist der Bereich des Kernkraftbaus. Wir sagen: Wir brauchen eine neue Generation von Kernkraftwerken. Es gibt inzwischen
Typen, die narrensicher sind, wie der Hochtemperaturreaktor und der Schultenreaktor, die werden in Südafrika und China gebaut, aber nicht hier, und das ist absurd, weil sie in Deutschland entwickelt wurden. Das sind Dinge, an die wir wieder anknüpfen müssen, auch in Wiesbaden.
Und was ist eigentlich das Haupthindernis für die Schaffung von
Arbeitsplätzen?
Hartmann: Das Haupthindernis ist der Maastricht-Vertrag, weil der die Investitionen untersagt, die die Regierungen tätigen müßten, um eine Zukunft haben zu können. Und da ist eine ganz klare Forderung der BüSo: Wir müssen den Maastricht-Vertrag kündigen. Wir müssen die Stabilitätskriterien ersetzen durch Aufbaukriterien. Wir brauchen große Investitionen des Staates, um die Sache wieder flottzumachen - genau das, was der Vertrag jetzt untersagt.
Noch eine Frage zur großen Politik, über die sich die Wiesbadener natürlich auch Sorgen machen: Was steckt hinter diesem Irankonflikt?
Hartmann: Das ist relativ simpel: Das Weltfinanzsystem ist bankrott. Es gibt Leute, die sehen ihre Felle davonschwimmen, weil ihre Machtposition mit dem jetzigen Finanzsystem verbunden ist. Diese Netzwerke bedienen sich solcher Kriegstreiber wie des Vizepräsidenten Cheney, der eine
Politik des permanenten Krieges verfolgt. D.h., die jetzige Konfrontation zwischen den USA und dem Iran hat wenig mit Ahmadinedschad zu tun oder dem iranischen Atomprogramm, sondern vielmehr damit, daß diese Clique in Amerika den Kriegszustand braucht, um sich selber Notstandsbefugnisse zu verschaffen. Und da argumentieren diese Leute im Grunde wie die Nazis, indem sie sich auf die
Theorien von Carl Schmitt berufen, der ja für die Nazis das Ermächtigungsgesetz begründet hat. Dieses Führerprinzip heißt heute in Amerika "unitary executive". Das bedeutet im Grunde dasselbe. Das funktioniert aber nur, solange man einen Ausnahmezustand hat - und dazu braucht man die Politik des permanenten Krieges.
Nötig wäre demnach ein Regimewechsel in den USA?
Hartmann: Das ist eine ganz konkrete Forderung der BüSo, über die jetzt hier in Wiesbaden bei einer Stadtratswahl nicht entschieden wird, aber wir müssen darüber diskutieren. Und das tun wir.
Sie haben ja auch Verbindungen zu der Oppositionsbewegung um Lyndon
LaRouche in den USA?
Hartmann: Ja, das ist der große Vorteil der BüSo gegenüber den anderen Parteien, daß wir im weltweiten Verbund arbeiten mit einem Flügel der Demokratischen Partei in den Vereinigten Staaten, der das Absetzungsverfahren gegen Dick Cheney vorantreibt. Ob die Demokraten das dazu
nötige Rückgrat zeigen werden, wird sich noch erweisen. Wir werden unseren Teil dazu beisteuern, daß sie das tun. Und wir sind da durchaus optimistisch.
In der Zwischenzeit setzen wir hier dem Versuch, einen "Zusammenstoß der Zivilisationen" vom Zaun zu brechen, einen "Dialog der Kulturen" entgegen. Wir haben am Sonntag eine sehr, sehr wichtige Veranstaltung, auf der wir am Beispiel des Dichters Friedrich Rückert aufzeigen, wie man einen "Dialog der Kulturen" im positiven und produktiven Sinne führen muß. Das ist auch eine Sache, bei der wir Deutschen in einem positiven Sinne wieder viel lernen können in bezug auf unsere eigene Kultur.
Und Sie denken, daß Sie am 26. März in die Stadtverordnetenversammlung von Wiesbaden hineingewählt werden?
Hartmann: Da sehe ich keine Probleme: Es gibt keine 5%-Klausel, wir brauchen nur 1200 Wähler. Wir hatten schon 700. Wir sind da relativ zuversichtlich, unser Bekanntheitsgrad in der Stadt ist in den letzten Monaten durch unsere Kampagne sehr stark gestiegen, auch wenn die Wiesbadener Medien sich da verweigern. Der Wiesbadener Kurier spielt eine sehr üble
Rolle: Im Grunde bevormundet er die Wähler, indem er nur über sieben Gruppen berichtet und nicht über die achte, die auch auf dem Stimmzettel steht, nämlich die BüSo. Aber wie Sie hier auf dem Mauritiusplatz sehen, gehen wir direkt zur Bevölkerung. Wir tragen unsere Ideen zum Volk. Und das wird uns dann am Wahltag auch honoriert werden, denke ich.
Letzte Frage: Was kann man denn tun, um die BüSo und ihre Arbeit zu
unterstützen?
Hartmann: Nun, das Simpelste, was am wenigsten Arbeit kostet, ist natürlich zur Wahl zu gehen und uns die 81 Stimmen zu geben. Aber man kann natürlich noch viel mehr tun: Man kann unsere Ideen "herumschwätzen" helfen bei Freunden, Bekannten, Nachbarn, Kollegen, man kann Mitglied werden, man kann uns finanziell unterstützen. Jede Partei braucht Geld, und wir kriegen
es, bisher jedenfalls, nicht aus den öffentlichen Kassen. Man kann für uns kandidieren. Also dem Engagement ist keine Grenze gesetzt, die man sich selber zieht.
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