Der Demokrat John Murtha hatte dort am 17. November eine "gemeinsame Resolution" eingebracht, die unter Hinweis auf das Scheitern der bisherigen Stabilisierungsbemühungen die Regierung verpflichtet hätte, den Einsatz der US-Truppen im Irak zu beenden, "die daran beteiligten Truppen zum frühest machbaren Zeitpunkt" aus dem Irak heraus zu verlegen, stattdessen eine "Schnelle Reaktionstruppe" in die Region zu entsenden und "die Sicherheit und Stabilität im Irak durch diplomatische Mittel" zu verfolgen.
Der Vietnamveteran Murtha, der seit 37 Jahren Mitglied des US-Kongresses ist und als "Stimme der Soldaten" im Kongreß gilt, die sich aus offensichtlichen Gründen nicht selbst gegen die Politik der eigenen Regierung äußern können, beantragte also keinen überstürzten Rückzug, sondern eine wohldurchdachte und in Diskussionen mit hochrangigen Militärs entwickelte Strategie, das Blutvergießen im Irak zu beenden. Außerdem wäre mit Murthas Antrag offiziell festgestellt worden, daß die Voraussetzungen, mit denen die Notwendigkeit des Irakkriegs begründet worden war, nicht gegeben waren.
Anstatt diese Resolution zu behandeln, griff die Führung der Republikanischen Partei zu einem faulen Trick: Der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im Repräsentantenhaus, Duncan Hunter (R-Kalifornien) legte dem Plenum eine - im Gegensatz zu Murthas Antrag für die Regierung nicht bindende - Resolution vor, in der es lediglich hieß: "Das Repräsentantenhaus ist der Meinung, daß der Einsatz US-Truppen im Irak sofort beendet werden sollte."
Dieser vorsätzlich absurde Antrag Hunters wurde vernünftigerweise von der überwältigenden Mehrheit des Repräsentantenhauses zurückgewiesen und von den Demokraten als übler Propagandatrick verurteilt. Als Murtha in der Diskussion den Hunterschen Antrag als "Mickey Mouse"-Resolution zurückwies, erhielt er stehende Ovationen nicht nur von Abgeordneten der eigenen Partei, sondern auch von zahlreichen Republikanern, und mit ihm stimmten fast alle Republikaner und Demokraten gegen Hunters Resolution.
Trotzdem behauptet Diederichs vier Tage später in seiner Kolumne, die Ablehnung habe Murthas Antrag gegolten, der aber nie zur Abstimmung gelangte, weil Hunter dies verhinderte - wohl wissend, daß dieser eine Mehrheit finden könnte.
Diese Vorgänge waren am vergangenen Wochenende das Thema Nummer eins in Washington. Wenn Diederichs vier Tage später eine solche, eklatant falsche Darstellung liefert, muß man also davon ausgehen, daß es sich bei seinem Kommentar um eine vorsätzliche Falschinformation handelt. Warum soll das deutsche Publikum nicht wissen, daß die Opposition im Kongreß gegen die Kriegspartei im Weißen Haus stärker und die Haltung der Demokraten gegenüber dieser Kriegspartei geschlossener ist denn je?
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