September 2004:
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Ein Wendepunkt in der Geschichte

Jahreskonferenz des Schiller-Instituts 2004
Vom 24.-26. September kamen 400 Teilnehmer aus aller Welt zur Jahreskonferenz des Schiller-Instituts bei Wiesbaden zusammen. Werner Hartmann berichtet.

400 Mitglieder und Gäste aus über 30 Ländern und allen Kontinenten, davon mehr als ein Drittel junge Menschen unter 30, besuchten die internationale Konferenz des Schiller-Instituts "Ein Wendepunkt in der Geschichte", die vom 24.-26. September im Taunus bei Wiesbaden stattfand. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen prägten mit ihren Beiträgen, ihrem Gesang, ihren Diskussionen im Saal und draußen die Veranstaltung. Eine Zukunft ohne die verrückte Kriegspolitik der Regierung Bush und ohne die brutale "Totsparpolitik" im Dienste bankrotter Bankiers warf ihre angenehmen Schatten voraus. Gekommen waren u.a. Mitglieder der LaRouche-Jugendbewegung (LaRouche Youth Movement, LYM) aus Deutschland, Frankreich, Italien, Skandinavien, Osteuropa, Rußland, den USA und dem Jemen.

Unter den zahlreichen Gästen aus aller Welt waren Parlamentarier, Wissenschaftler und Künstler, mittelständische Unternehmer, Landwirte, Hausfrauen, Arbeitslose, Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die sich mit der völligen Ratlosigkeit der etablierten Politik nicht abfinden wollen. Und last not least trafen sich hier natürlich die aktiven "Veteranen" der LaRouche-Bewegung, die seit 20, 30 oder mehr Jahren auf diesen "Wendepunkt der Geschichte" hinarbeiten.

Sämtliche Konferenzsitzungen können Sie sich im Internet als Aufzeichnung anhören: www.schiller-institut.de/audio/2004/.

Traditionsgemäß wurden die Gäste musikalisch eingestimmt: Lotta Thronell-Hartmann sang die Lieder Widmung von Robert Schumann und Frühlingsglaube von Franz Schubert. Anschließend verlas Muriel Mirak-Weißbach ein Grußwort des Sunnitenführers Scheich Dr. Achmed Al Kubaisi aus dem Irak, der schrieb, die Vereinigten Staaten seien früher einmal die Hoffnung der arabischen Welt gewesen - so etwa zur Zeit der Suezkrise 1956 - , und dies müsse zukünftig unter dem Einfluß LaRouches wieder so werden. Eine weitere Grußbotschaft schickte der ehemalige österreichische Justizminister Dr. Hans Klecatsky, der LaRouche Erfolg beim Wahlkampf für John Kerry gegen die Regierung Bush wünschte.

Anschließend hielt Lyndon LaRouche die Hauptrede der Konferenz, in der er feststellte: 1. Noch einmal vier Jahre Bush/Cheney könne die Weltzivilisation nicht überstehen, weil dann der Marsch in weltweiten Krieg unaufhaltsam würde. 2. Die Chancen stünden ausgezeichnet, daß John Kerry, unterstützt von LaRouche und der LYM, in den USA die Präsidentschaftswahl gewinnt. 3. Angeführt von der neuen Regierung der USA, müsse das bankrotte Weltfinanzsystem einem Konkursverfahren unterzogen werden und der wirtschaftliche Aufbau und Wiederaufbau beginnen. Das Vorbild dafür sei die Politik des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt. 4. Europa allein sei zu dieser notwendigen wirtschaftspolitischen Veränderung unfähig, weil die Bankenwelt, die über die "unabhängigen" Zentralbanken die politische Macht ausübt, es nicht zulassen würde. Das System des "anglo-holländischen Liberalismus" müsse endlich abgeschafft werden. (Sie finden die Rede in dieser Ausgabe der Neuen Solidarität.)

In der anschließenden Diskussion hob LaRouche hervor, die Globalisierung sei eine Politik zur Zerstörung aller souveränen Nationalstaaten und laufe auf einen neuen Faschismus hinaus: "am Sonntag Liberalismus und am Montag Faschismus". Man müsse und könne dem IWF-System den "Gnadentod" bereiten. Die Europäer seien zu pessimistisch. Deutschland und Europa befänden sich auf einem wirtschaftlichen Selbstmordkurs - so koste z.B. jede einzelne Windmühle mehr, als sie erwirtschafte - , den sie ändern müßten. Aktivitäten wie die Montagsdemonstrationen könnten diese Änderung erzwingen, aber außer der BüSo habe niemand eine inhaltliche Lösung anzubieten.

Ein junger Teilnehmer aus Frankreich fragte nach Leibniz' Satz, diese Welt sei "die beste aller möglichen Welten". LaRouche antwortete, der Mensch, und nur der Mensch, könne die unsichtbaren Naturgesetze des Universums erkennen und sie anwenden, um das Universum zu gestalten und zu verbessern. Auf diese Weise habe jeder Mensch teil an der Universalität und sei ein Helfer Gottes: "Kann man sich etwas Schöneres vorstellen?"

Der Zustand der Realwirtschaft

Der Samstagvormittag war dem Thema "Der Zustand der Realwirtschaft" gewidmet. Dennis Small, Iberoamerikaexperte der amerikanischen LaRouche-Bewegung (und ehemaliger politischer Gefangener), gab seinem Vortrag die Überschrift "Machen wir das Vernünftige möglich!" Dieser Satz stammt aus der berühmten Rede des mexikanischen Präsidenten José Lopez Portillo vor den Vereinten Nationen im Jahre 1982 - aus der ein Videoausschnitt gezeigt wurde - , in welcher er eine grundsätzliche Änderung des Weltfinanzsystems zugunsten der Entwicklungsländer forderte. Die Grundlage dieser Forderung bildete damals LaRouches Plan Operation Juarez, der noch heute aktuell sei. Helga Zepp-LaRouche besuchte 1998 den kürzlich verstorbenen Lopez Portillo in Mexiko, der bei dieser Gelegenheit öffentlich erklärte: "Jetzt ist es an der Zeit, auf die weisen Vorschläge Lyndon LaRouches zu hören."

Heute sei die Lage noch viel schlechter als 1982, so Small, da die Verschuldung der Welt zehnmal schneller wachse als das weltweite Wirtschaftsprodukt. Anhand computeranimierter Grafiken zeigte er, wie sich die realwirtschaftliche Lage in den USA in den letzten Jahrzehnten verschlechtert hat: verlorene Arbeitsplätze in der Industrie, Rückgang der Krankenhausdichte, Zunahme der Armut usw. In Mexiko hat sich die Lage so weit verschlechtert, daß in den letzten 20 Jahren zehn Millionen Mexikaner in die USA auswanderten.

Wie groß die Begeisterung der Bevölkerung für eine Wende in der Wirtschaftspolitik sein kann, zeigte ein kurzer Filmausschnitt aus Argentinien aus dem Jahre 2001. Präsident Rodriguez Saa erklärt im Parlament eher nüchtern und ruhig, er werde die Zahlung der Auslandsschulden aussetzen. Daraufhin bricht bei den anwesenden Politikern und Bürgern ein tosender Sturm der Begeisterung los. Zum Schluß zeigte Small als Blick in die Zukunft eine Karte der "Weltlandbrücke", d.h. der Eurasischen Landbrücke mit der Verlängerung über die Beringstraße durch Nord- und Südamerika. Wenn diese Weltlandbrücke voll ausgebaut sei, könne man mit der Magnetbahn einen Wochenendausflug von Berlin nach Buenos Aires unternehmen.

Der bekannte Wirtschaftsjournalist Lothar Komp legte im folgenden dar, welche Fehler die deutsche Wirtschaftspolitik begeht und wie diese zu beheben sind. Ähnlich wie in der Nachkriegszeit durch eine richtige Kreditpolitik das deutsche Wirtschaftswunder zustande kam, brauche man heute eine umfassende Investitionsoffensive. Deutschland habe derzeit offiziell vier Millionen Arbeitslose, und wenn man "stille Reserve", Vorruheständler usw. hinzuzähle, sogar acht Millionen. Dies koste Deutschland direkt 83 Mrd. Euro im Jahr und noch einmal das Dreifache durch den Ausfall an Wirtschaftsleistung. Dem stehe allein bei der Infrastruktur der deutschen Kommunen ein Investitionsstau von 650 Mrd. Euro gegenüber, und ein produktiv Beschäftigter müsse jetzt drei unproduktiv Beschäftigte mitversorgen.

Die logische Forderung sei ein großes Investitionsprogramm. Der Staat müsse 100 Mrd. Euro an Krediten jährlich für nützliche Vorhaben vergeben. Davon bezahle sich die Hälfte ohnehin von selbst durch den Wegfall der Kosten für die Arbeitslosen, die andere Hälfte müsse als Nationalbankkredit vergeben werden. Das Vorbild müsse der Wiederaufbau der Nachkriegszeit sein. Obwohl damals Millionen Flüchtlinge nach Westdeutschland drängten, jedes zweite Haus im Krieg zerstört wurde und kaum eigenes Kapital oder ausländischer Kredit verfügbar war, konnten mit Hilfe der 1948 (nach dem Vorbild von Roosevelts Reconstruction Finance Company) gegründeten Kreditanstalt für Wiederaufbau unter Hermann Josef Abs (1901-94) durch "gezielte Planung" Engpässe beseitigt und das Land wieder aufgebaut werden. Man müsse sich auf das stützen, was in der Vergangenheit erfolgreich war, betonte Komp. Gesetzliche Regelungen, die dies verhinderten, seien entsprechend zu ändern.

Nicht mit der Lüge leben

Es folgten mehrere kürzere Beiträge, die sich mit den katastrophalen Folgen der neoliberalen Wirtschaftspolitik beschäftigten. Der christdemokratische Politiker und frühere Justizminister Dr. Jan Carnogursky aus der Slowakei sprach über seinen lebenslangen Kampf gegen den Kommunismus. Leider seien auf die diktatorischen "Berater" aus der Sowjetunion umgehend diejenigen des IWF und der Weltbank gefolgt, die eine schlechte Wirtschaftspolitik durchsetzten. Der Widerstand gegen den Kommunismus und die neuen Montagsdemonstrationen hätten einen Grundsatz gemeinsam: "nicht mit der Lüge leben". Dr. Carnogursky lobte die von LaRouche gegründeten Publikationen, sie seien der "meinungsbildenden Presse" oft weit voraus. Die Mitstreiter des Schiller-Instituts seien die "Dissidenten Westeuropas" und sollten nicht vergessen, daß das Ende des Kommunismus schneller kam, als die meisten gedacht hatten.

Dr. Nino Galloni, ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter im italienischen Arbeitsministerium, sprach zum Thema "Rentenreform und Verarmung der Bevölkerung". Er verurteilte scharf die Rentenreform in Italien, die ein Gegenstück zu Programmen wie Hartz IV in Deutschland ist. Der Ausweg sei ein neues Bretton Woods-System, wie es das italienische Parlament in einer Resolution gefordert habe.

Der Abgeordnete Dr. Stanislav Fischer aus Tschechien, ein pensionierter Weltraumphysiker, regte an, daß Vertreter verschiedener Parteien und Gruppen sich auf gemeinsame Lösungen verständigen. So habe seine Fraktion, die Kommunistische Partei, im Jahr 2000 LaRouches Vorschlag für ein Neues Bretton Woods unterstützt, und er habe anschließend festgestellt, daß die entsprechende Resolution im italienischen Parlament vorwiegend von konservativen Politikern eingebracht wurde.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Silvia Szegö aus Ungarn, Beraterin der früheren Regierung Urban, widerlegte verschiedene oft wiederholte, aber falsche Behauptungen über die angeblichen Vorteile des Übergangs der früheren Planwirtschaften in die freie Marktwirtschaft. So herrsche heute im Inland noch mehr Kapitalmangel als früher, während die Auslandsschulden stiegen. Anstelle staatlicher Großbetriebe beherrschten nun ausländische Multis die ungarische Wirtschaft, und die Spekulation sei inzwischen viermal so groß wie das Wirtschaftsprodukt.

Eine wirkliche Wiedervereinigung

Vor der Rede der Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, wurde ein Grußwort der 92jährigen Amelia Boynton Robinson, Veteranin des Bürgerrechtskampfes in Amerika, verlesen, die alle Teilnehmer aufrief, mit ihrem Beitrag in diesem entscheidenden Augenblick der Weltgeschichte Friedrich Schiller Ehre zu machen.

Frau Zepp-LaRouche sprach in ihrer Rede "Jetzt beginnt die wirkliche deutsche Wiedervereinigung" über den Kampf der LaRouche-Bewegung gegen die Pläne zur Einführung faschistischer Wirtschaftspolitik. In Sachsen habe die Jugendbewegung den Menschen zum erstenmal seit 15 Jahren wieder Hoffnung gegeben, denn so lange seien die Menschen im Osten als Bürger zweiter Klasse behandelt worden.

Zepp-LaRouche erinnerte an die friedliche Revolution 1989 ("Wende" sei eine schlechte Bezeichnung): Niemand konnte sicher sein, ob die Sowjetunion gegen die Demonstranten militärisch vorgehen würde wie 1953 in der DDR, 1956 in Ungarn und 1968 in Prag. Sie selbst habe sich 1989 mit Flugblättern wie "Geliebtes Deutschland, weiter so" an die Menschen gewandt und das Programm für das "Produktive Dreieck", den Vorläufer der Eurasischen Landbrücke, vorgestellt. Doch der Wirtschaftsaufbau sei bewußt verhindert worden. Die Morde an Alfred Herrhausen und Treuhand-Chef Rohwedder seien eine Warnung an die deutsche Elite gewesen, nicht mit dem IWF-System zu brechen, und Bush senior, Thatcher und Mitterrand hätten Deutschland gezwungen, die D-Mark und damit die Souveränität aufzugeben. Nun aber gehe nach 14 Jahren das zweite System unter - diesmal das der Globalisierung.

Die Gefahr eines neuen Faschismus gehe nicht nur von rechtsextremen Gruppen wie der NPD aus, sondern auch von der EU-Kommission und von synarchistischen Denkfabriken. Die Richtung für Programme wie die Agenda 2010 sei schon 1990 mit der sogenannten "Europäischen Beschäftigungsstrategie" in der EU vorgegeben worden. Gruppen wie der europäische Zweig der RAND Corporation propagierten die Rückkehr in den Feudalismus durch den völligen Abbau des Staates. Unter Bezeichnungen wie "Bürgerkonvent" oder "Konvent für Deutschland" werde die Politik der Neokonservativen in Deutschland betrieben, wobei immer wieder dieselben Namen auftauchten wie Miegel, Dahrendorf, Lambsdorff, Glotz. Arnulf Baring habe sogar im Fernsehen Hitler gelobt, ohne daß es zu größeren Protesten kam.

Die BüSo und die LYM müßten die Lügen der Globalisierer wie "die Globalisierung ist unumkehrbar" oder "der Staat kann keine Arbeitsplätze schaffen" bloßstellen. Deutschland müsse zu seiner großen klassischen Kulturtradition zurückfinden. Deutschland habe kein Recht, sich selbst zu zerstören, wie das gegenwärtig geschehe, weil es eine Aufgabe habe, der ganzen Menschheit zu helfen, so wie es Schiller in der Ode an die Freude ausdrückte: "Alle Menschen werden Brüder".

Danach hielt Chandrajit Yadav, ehemaliger Minister der Regierung Indira Gandhi in Indien, seine Rede zum Thema "Ein wahrer Dialog der Kulturen". Er sagte: "Heute ist die ganze Welt eine Familie." Dies könne sich zum Guten auswirken, aber auch zur Vernichtung der ganzen Menschheit durch Kernwaffen führen, wenn die Menschen zu selbstsüchtig werden. Die Jugend solle darauf drängen, daß in den Schulen auch Werte und Kultur gelehrt werden. Eine Kultur sei wie ein Fluß, der sich nicht nur aus einer Quelle, sondern aus vielen Nebenflüssen speist: Der Einfluß anderer Kulturen aus anderen Ländern mache sie reicher, schöner und lebendiger. Die Menschheit sei nun in einer Zeit der sozialen Gerechtigkeit, der wahren, nicht manipulierten Demokratie und des wissenschaftlich-technischen Fortschritts angelangt.

Indien sei heute ein Land voll pulsierenden Lebens, aber immer noch weit entfernt von wirtschaftlicher Gerechtigkeit. Nur 15% der Inder seien einigermaßen wohlhabend, 85% dagegen immer noch bitterarm. Zum Schluß zitierte Yadav den indischen Dichter Tagore, das wahre Bewußtsein sehe die Welt als eine Einheit, die es in sich verinnerliche: "Nur der sieht, der alles Wesen in sich sieht." In der Diskussion beschrieb Yadav noch einige an Roosevelts "New Deal" angelehnte Programme der neuen indischen Regierung.

Besser denken durch Singen

Am Abend führte die Jugendbewegung vor, wie sie durch Gesang den eigenen Geist übt und andere Menschen erhebt. Ein Auswahlchor der LYM sang Beethovens Ode an die Freude, das französische Freiheitslied Le chant du départ und den Kanon Dona nobis pacem. Dann wurde das Publikum mit einem Hörspiel zwei Generationen in die Zukunft versetzt, wenn die heutigen LYM-Mitglieder Großeltern sind und vom Wahlkampf in Sachsen 2004 erzählen. Dazu gab es originale Fotos und Filmausschnitte aus Sachsen zu sehen.

Zwischendurch konnte man dann eine LYM-Chorprobe unter dem Dirigenten Sergej live miterleben: Die Sänger arbeiteten an Johann Sebastian Bachs Motette Jesu, meine Freude und der Fuge "Sicut locutus est" aus Bachs Magnificat. Zum Abschluß sang Portia von der LYM Beethovens Lied Bitten.

Wer noch nicht das Privileg hatte, eine Demonstration der LYM z.B. in Leipzig selbst mitzuerleben, konnte dies nun im Saal tun. Hundert junge Menschen marschierten mit BüSo-Schildern und Plakaten ein und sangen die inzwischen berühmten Verse "In Sachsen, in Sachsen die Wirtschaft muß wachsen" (nach der Melodie Es tönen die Lieder), und "Gerhard Schröder, Gerhard Schröder, schläfst du noch?" (Melodie: Bruder Jakob). Zum Schluß ertönte Die Gedanken sind frei.

Die anschließende Diskussion drehte sich hauptsächlich um den Dialog der Kulturen und um die Frage "Was ist Schönheit?" Die LYM-Mitglieder beschrieben auch, wie sie im Wahlkampf in Sachsen an ihren Aufgaben wachsen mußten: Da die anderen Parteien und Organisationen keinerlei Lösungen anzubieten haben, ist es für die LYM zu einer persönlichen Verantwortung geworden, sich für das Gemeinwohl der Bevölkerung einzusetzen.

Strategie der Spannung

Der dritte und letzte Konferenztag am Sonntag begann mit Auszügen aus Mozarts Requiem, die Chor und Orchester des europäischen Schiller-Instituts unter der Leitung von Anno Hellenbroich aufführten. Sehr bewegend war der abschließende Teil Domine Jesu Christe, in dem Mozart eindringlich darstellt, wie der Gläubige um die Rettung der Seelen der Verstorbenen bittet.

Stellvertretend für das Schiller-Institut gratulierte Birgit Vitt dann dem ungarischen Freiheitskämpfer Dr. Tibor Kovats, der an diesem Tage seinen 82. Geburtstag feierte. Dr. Kovats hatte sich, nachdem er selbst insgesamt zwölf Jahre politischer Gefangener war, nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs unermüdlich für Lyndon LaRouche und die anderen politischen Gefangenen der LaRouche-Bewegung eingesetzt und sich um ihre Familien gekümmert. Tibor Kovats dankte seinen "lieben Schillerfreunden" und erinnerte an zwei große ungarische Freiheitskämpfer, Graf Széchenyi (1791-1860) und Kardinal Mindszenty (1892-1975). Er schloß mit einem Epigramm Schillers über die Unsterblichkeit: "Fürchte nicht, sagte der Meister, des Himmels Bogen, ich stelle / dich unendlich wie ihn in die Unendlichkeit hin."

Die folgende Sitzung zum Thema "Strategie der Spannung" leitete Michael Liebig mit der Warnung ein, man dürfe Terrorangriffe wie den von Beslan nicht isoliert betrachten, sondern müsse sie als Teil eines Kleinkriegs bzw. Ersatzkriegs synarchistischer Finanzkreise begreifen.

Dr. Konstantin Tscheremnych, Psychiater und politischer Analyst aus St. Petersburg, verwies darauf, daß LaRouches Analysen und Vorschläge seit einigen Jahren in Rußland auf allerhöchster Ebene sehr ernst genommen werden. Das russische Verhältnis zu den USA habe sich seit dem Irakkrieg deutlich verschlechtert. Präsident Putin habe für das Blutbad von Beslan ausländische Interessen verantwortlich gemacht, die eine Auflösung der Russischen Föderation anstrebten.

Altay Unaltay, Herausgeber der türkischen Zeitschrift Yarin, zitierte einen Brief Kemal Atatürks an Franklin D. Roosevelt aus dem Jahre 1937, in dem die Übereinstimmung der beiden im Einsatz für das Gemeinwohl zum Ausdruck kommt. Heute gebe es in der Türkei quer durch alle Parteien eine patriotische Strömung in der Tradition Atatürks und eine entgegengesetzte Strömung im Dienste der Globalisierung. Die anglo-amerikanische Politik der "Regimewechsel" im Nahen Osten sei eine Neuauflage des Kolonialismus, ein "demokratischer Imperialismus".

Der Abgeordnete Hrant Chatschatrian vom Oppositionsbündnis "Gerechtigkeit" aus Armenien schilderte die Geschichte der Auseinandersetzung um die Enklave Karabach und forderte die westlichen Länder auf, das Ergebnis der manipulierten Wahlen in Armenien nicht anzuerkennen. Auch er, wie viele andere Redner, wünschte LaRouche und Kerry in den USA Erfolg.

Lyndon LaRouche betonte in einer weiteren Rede, man müsse die strategische Entwicklung stets aus langfristiger Sicht betrachten. Es reiche nicht aus, Trends hochzurechnen, denn oft werde die Saat eines Ereignisses, für die meisten Menschen kaum merkbar, viel früher gelegt. So habe er schon 1983 den Zusammenbruch der Sowjetunion voraussagen können. Heute müsse man betonen, daß die zivilisierte Menschheit eine zweite Regierung Bush nicht überstehen würde.

Der Terror im Kaukasus werde von Anglo-Amerikanern gesteuert, die aber die russische Reaktion in höchst gefährlicher Weise falsch einschätzten. Die Absicht hinter dem weltweiten Kleinkrieg sei es, ein Weltreich nach dem Vorbild der mittelalterlichen venezianisch-normannischen (ultramontanen) Herrschaft und des britischen Empire zu errichten, fuhr LaRouche fort. Hinter dem Anschlag vom 11. September 2001 hätten oligarchische Bankierskreise gestanden. Er habe schon vor Bushs Amtsantritt zutreffend vorhergesagt, daß sich die Depression verschlimmern werde, und deshalb jemand versuchen werde, eine Art amerikanischen Reichstagsbrand zu inszenieren wie Göring 1933 in Berlin. Deshalb unterstütze er Kerry. Nur die USA könnten das bankrotte IWF-System begraben, weil in Europa die unabhängigen Zentralbanken immer noch als eine Art unantastbare Gottheit gälten. Man müsse die Menschheit vom anglo-holländischen liberalen Gesellschaftsmodell befreien.

In der Diskussion kam zur Sprache, daß Rauschgift ein Teil des Krieges gegen die Zivilisation ist, indem es den menschlichen Geist zerstört und gleichzeitig durch Drogen Verbrecher zu den reichsten und einflußreichsten Kreisen in vielen Ländern werden. Auf eine Frage zu den Kurden im Irak antwortete Altay Unaltay, man müsse die Unterdrückung der Kurden beenden, und auch die Türkei müsse sich dafür einsetzen. Ein unabhängiger Kurdenstaat sei jedoch keine Lösung, da dieser praktisch nur von feindlich eingestellten Nationen umgeben wäre.

Schockwellen in der Physik und in der Politik

Als letztes sprach Dr. Jonathan Tennenbaum aus Berlin zum Thema "Der kommende dreifache Schock der realwirtschaftlichen, finanziellen und kulturellen Krise". "Es kommen bald Veränderungen, die man sich heute kaum vorstellen kann", begann er. Um diese Art der Veränderung besser zu verstehen, sollte man sich mit dem komplexen Bereich im Sinne von Gauß, Riemann, Wernadskij und LaRouche beschäftigen. Eine Geometrie stelle die Grenzbedingungen für mögliche Wirkungen dar, eine "Anordnung von Absichten", die Riemann Geistesmassen nennt. Innerhalb der Geometrie entstünden vielfach miteinander verknüpfte Wirkungen, die Singularitäten hervorrufen, die man mit der einfachen Euklidischen Geometrie nicht erfassen könne. Ein treffendes Beispiel dafür sei die Schallmauer. Es galt als unmöglich, sie zu durchbrechen, und als Adolf Busemann 1935 das Überschallflugzeug entwarf, wollte das wissenschaftliche Establishment davon lange nichts wissen.

Tennenbaum erläuterte dann die heutige dreifache Krise:

1. Realwirtschaft: Der Zustand der Menschheit sei immer ein Ergebnis der gesamten Vergangenheit, des Aufbaus von Infrastruktur, Kultur, Sprache usw. Heute jedoch verrotte die Infrastruktur, und es werde nicht für die Zukunft gearbeitet. Unternehmen wie MBB stellten um kurzfristiger finanzieller Vorteile willen wichtige Forschungen ein. Ein kleiner Fehler habe ausgereicht, um den Stromausfall in den USA im letzten Jahr auszulösen, weil man nicht investierte und sich nur noch auf Computer verließ.

2. Finanzen: In den letzten Jahren sei die größte Spekulationsblase aller Zeiten entstanden, so daß z.B. heute in den USA auf jeden Amerikaner 130 000 Dollar Schulden entfielen. Wie bei der Tulpenblase im 17. Jh. (auf deren Höhepunkt eine Tulpenzwiebel den Lebensverdienst eines Arbeiters kostete) könne dies nur im Zusammenbruch enden.

3. Die noetische Krise, d.h. die Krise des menschlichen Geistes: Dies drücke sich darin aus, daß sich die Menschen immer wieder falsch entschieden und wie Lemminge in den Untergang rennen. Am Ende hätten die Menschen dann nur noch die Möglichkeit, entweder verrückt zu werden oder zu erkennen, daß das ganze Denksystem falsch sei. Dabei müßten sie nicht nur praktische, z.B. wirtschaftspolitische, Lösungen suchen, sondern das Vernunftprinzip als solches hervorrufen. Dazu sei die Jugendbewegung am besten fähig.

Die abschließende Diskussion beschäftigte sich mit einem breiten Spektrum von Fragen: der subatomaren Physik und der Riemannschen Geometrie, dem russischen Beitrag zum Aufbau der Landbrücke, dem Mißbrauch von UNO und EU als Weltregierung, dem Angriff auf Pearl Harbor, den England und Japan - so LaRouche - schon in den 20er Jahren vorbereiteten, und der Frage der Wehrpflicht. Helga Zepp-LaRouche forderte am Ende noch einmal alle Mitglieder und Freunde auf, sich Menschen wie Kolumbus oder Johanna von Orleans, wie Schiller sie preist, zum Vorbild zu nehmen.

Am folgenden Tag schloß sich noch eine interne Konferenz der Mitglieder des ICLC und des Schiller-Instituts an, auf der u.a. beschlossen wurde, daß die BüSo an der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im kommenden Frühjahr teilnehmen und dort umgehend mit der Jugendbewegung politisch eingreifen wird.


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