Februar 2001: |
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Vom Häuserkämpfer zum Wahlkämpfer.
Politische Gewalt ist kein soziologisches Phänomen und hat mit politischen Inhalten an sich schon garnichts zu tun.
Die Gewalt wurde in den Köpfen der Protagonisten gebrütet, was dann in Phänomene wie dem ehemaligen frankfurter "Putzgruppenleiter" Joschka Fischer mündete.
Bohrenden Fragen nach seiner militanten Frankfurter Vergangenheit versucht Fischer dadurch auzuweichen, daß er behauptet, daran könne er sich heute nicht mehr erinnern. Nun, als uneidlicher Zeuge, der am 16. Januar im Frankfurter Prozeßfall "Klein" 90 Minuten über die alten Zeiten in der Mainmetropole fabulieren konnte, mußte Fischer nicht einmal annähernd die Wahrheit sagen. Sollte er aber als eidlicher Zeuge für die Ermittlungen im nicht verjährten Fall des Brandanschlags vom 10. Mai 1976 auf das Polizeiauto des Beamten Jürgen Weber vernommen werden, liegen die Dinge anders, denn dort besteht der Verdacht, daß Fischer damit zu tun hatte.
Einen Vorgeschmack auf diese unangenehme Perspektive erhielt Fischer in der von CDU-CSU und FDP beantragten Aktuellen Stunde am 17. Januar im Bundestag, als er nach seiner Zeit als Redakteur der Frankfurter Anarchistenpostille Pflasterstrand befragt wurde. Da hatte Fischer damals, 1978, im Rückblick auf die drei Terroristenmorde des Vorjahres an Generalbundesanwalt Buback, am Bankier Ponto und an Arbeitgeberpräsident Schleyer geschrieben: "Bei den drei hohen Herren mag mir keine rechte Trauer aufkommen, das sag ich ganz offen für mich." Auch im Bundestag konnte sich Fischer wieder einmal nicht erinnern -- damit ist die Sache jedoch nicht aus der Welt, und man hätte sich gewünscht, daß CDU und FDP dort kräftiger nachgehakt hätten.
Aber das kann noch kommen, denn es gibt andere Originalzitate aus Jahren, in denen, wie Fischer heute behauptet, er sich nach dem sogenannten "deutschen Herbst von 1977" (als Schleyer ermordet wurde) längst von der Gewalt abgewandt hatte. Unter anderem gab es 1979 ein Gespräch im Kursbuch, in dem Fischer, Cohn-Bendit und von Plottnitz über die Erfahrungen von 1968 diskutierten. Dabei erzählte Fischer:
"Ich erinnere mich da an eine Diskussion in der Wohngemeinschaft, in der ich damals gewohnt habe, wo ich der entschiedenste Verfechter des revolutionären Terrors war, da ging es um das Darmwickeln: die Vietkong hatten irgendeinem Dorfoberen den Bauch aufgeschlitzt, die Därme herausgerissen und da hängen lassen, bis am nächsten Morgen wieder die Regierungstruppen kamen. Da gab es also einen erbitterten Streit über das Prinzip des revolutionären Terrors, mit einer humanistischen Fraktion, die sagte, das kann man nicht machen...., während die andere, mehr politische Seite, zu der ich gehörte, gesagt hat, ja, das ist zwar unmenschlich, aber wenn's der Sache dient, dann muß das wohl so sein." Daß es "so sein" müsse, soll Fischer auch am Vorabend jenes 10. Mai 1976 in einer Versammlung gesagt haben, als es um Pläne für Würfe mit Molotow-Cocktails gegen Polizeiwagen ging. Ein Glück für die Polizei, daß Fischers "Putzgruppe" nicht der Vietkong war....
An der aktuellen Bundestagsstunde fiel auf, daß Bundeskanzler Schröder noch nervöser als Fischer war. Er hatte sämtliche Termine, darunter sogar ein Treffen mit dem albanischen Ministerpräsidenten Mehta, abgesagt, um im Bundestag seinem Außenminister den Rücken zu stärken. Schröder wurde über die Fragen der CDU richtig wütend. Denn in den 70er Jahren gehörte er ja auch zu jener Gruppe linker Anwälte, die Terroristen und deren Sympathisanten engagiert verteidigten. Im Falle Schröders war es Horst Mahler, der damals der RAF mehr als nahestand. Besonders delikat für Schröder ist, daß Mahler jetzt in der NPD ist, also ausgerechnet in jener Partei, die der Kanzler mit Parteiverbot und dem "Aufstand der Anständigen" bekämpfen will. Die Wege von "links" und "rechts", grün und braun kreuzen sich auch anderswo in der Geschichte der Grünen, wie wir nachfolgend noch darstellen werden.
Der Kanzler hat jedenfalls mit Fischer mehr zu verlieren als nur einen weiteren Minister, wie die Frankfurter Allgemeine am 18. Januar feinsinnig feststellte: "In letzter Zeit war es für Kabinettsmitglieder nicht gerade ein gutes Zeichen, wenn der Kanzler sich öffentlich hinter sie stellte. Bei Fischer könnte es anders sein, denn Schröder weiß, wenn Fischer stürzt, reißt das vermutlich die gesamte rot-grüne Bundesregierung mit in die Tiefe." So ist es.
Fischer ist nicht der einzige Grüne mit "enger Nähe" zu den Terroristen und deren Umfeld. In den Grünen setzte sich der gesamte Bodensatz linksradikaler und links-extremistischer Gruppen fest, denen trotz aller Unterschiede eins gemeinsam war: der Haß auf den Staat Bundesrepublik. Während der gesamten 80er Jahre gab es grüne Solidaritätsaktionen für die Baader-Meinhof-Bande (RAF). Im April 1983 gaben die Grünen im Bundestag und im Hessischen Landtag eine Erklärung ab, in der "Amnestie für Brigitte Heinrich", inhaftierte Sprengstoffbeschafferin für die RAF, gefordert wurde. Brigitte Heinrich wurde 1984 sogar auf Platz 2 der Grünen-Liste für die Europawahl gesetzt, gefolgt von Benno Härlin auf Platz 3 und Michael Klöckner auf Platz 6. Härlin und Klöckner waren Herausgeber der terroristischen Postille Radikal, einem der aggressivsten Blätter der Szene.
Am 10. September 1984 stellte Fischer für die Grünen im Bundestag eine kleine Anfrage zur "Haftsituation von Gefangenen nach Verurteilung gemäß Paragraph 129a" und regte Hafterleichterungen an. Im Oktober 1984 besuchte Wilhelm Knaabe vom Bundesvorstand der Grünen "politische Gefangene" in Krefeld, um deren Forderung nach "Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand" zu unterstreichen.
Die grünen Aktivitäten wurden mit Beginn des großen, bundesweiten Hungerstreiks der RAF-Häftlinge im Dezember 1984 verstärkt: Am 28. Dezember 1984 solidarisierte sich der niedersächsische Landesvorstand der Grünen mit der RAF anläßlich der Besetzung des Hannoveraner Grünen-Büros durch eine Gruppe von RAF-Anhängern. Im Januar 1985 folgten Solidaritätsadressen der Grünen u.a. in Hamburg, Köln, Berlin und in Straßburg (Fraktion im Europaparlament). Die grüne Bundestagsfraktion selbst forderte am 16. Januar 1985 die Beendigung der angeblichen "Isolationsfolter" gegen RAF-Häftlinge. Am Tag darauf beschuldigte der Abgeordnete Fischer die Bundesregierung, sie wolle lieber "sehenden Auges die ersten Hungertoten" in Kauf nehmen als den Forderungen der Hungerstreikenden nachgeben. Das war fast siebeneinhalb Jahre nach dem Terrorherbst 1977, als Fischer der terroristischen Gewalt abgeschworen haben will.
Die südhessischen Grünen, zumal die Frankfurter Grünen mit Jutta Ditfurth und Manfred Zieran, legten auch selbst Hand an, wenn es galt, der NATO durch Anschläge auf die "Militärmaschinerie" im Rhein-Main-Raum zu schaden. Manöverbehinderungen, Straßen- und Kasernenblockaden, Schmieraktionen an Militärfahrzeugen und das Zubetonieren von Sprengkammern sowie Sabotage an Oberleitungen der Bahn waren durch die gesamten 80er Jahre nicht nur in Hessen zu verzeichnen. Als wegen der Sabotageakte gegen NATO-Herbstmanöver 1984 der Hessische Landtag darüber debattierte, sagte die grüne Abgeordnete Gertrud Schilling: "Wir tun das ganz bewußt."
Aber die laufenden Drohungen gegen Pläne, in Frankfurt eine weitere Startbahn zu bauen, sind ernstzunehmen, denn die Szene, die zu Beginn der 80er Jahre die Startbahn West bekämpfte, ist noch vorhanden. Auf das Konto der von prominenten Grünen stets begleiteten und geleiteten Gewaltbewegung gegen die Startbahn West gehen nicht nur eine Vielzahl von Anschlägen gegen Baufahrzeuge, Polizeiwagen, Sprengstoffanschläge gegen Elektrizitätsmasten, nicht nur tätliche Angriffe auf Politiker und Kritiker, sondern auch Angriffe mit Tötungsabsicht auf Hunderte Polizeibeamte und sogar zwei heimtückische Polizistenmorde. Auf das Konto gehen auch jene Spatenschläge, mit denen grün-linke Täter auf eingekesselte einzelne Polizeibeamte in Brokdorf brutal einschlugen.
Gewaltakte wurden nicht nur gegen Bauprojekte der Kernindustrie begangen, sondern auch gegen geplante Neubauten von Autobahnen, Bahngleisen, Industrieanlagen. Das Nettoresultat dieser ökologisch begründeten Gewaltserie ist heute, daß nur noch selten und immer mit großer Verzögerung größere öffentliche Projekte in Gang gebracht werden. Wichtige private Investitionen der Industrie in Milliardenhöhe unterbleiben ebenso. Der Transrapid Hamburg-Berlin schaffte es erst gar nicht bis zum Baubeginn. Kernkraftruinen wie Kalkar und Mülheim-Kärlich erinnern tagtäglich an die grüne Sabotage der vergangenen 20 Jahre.
Auf dem Höhepunkt der gewalttätigen Aktionen gegen die Frankfurter Startbahn West veranlaßte Fischers Kampfgenosse Daniel Cohn-Bendit das Erscheinen einer Ausgabe seines Anarcho-Magazins Pflasterstrand, deren Titelseite den 1977 von der RAF ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Schleyer und den hessischen Ministerpräsidenten Börner zeigte. Dazu der Satz: "Holger, der Kampf geht weiter". Cohn-Bendit distanzierte sich später mit der faulen Ausrede, eine Bedrohung Börners sei ganz und gar nicht beabsichtigt gewesen.
Wer sich heute über Fischers "Putzgruppe" des Jahres 1973 erregt, muß sich auch ins Gedächtnis rufen, mit wieviel Gewalt die Grünen Industrieprojekte im Umfang von einigen hundert Milliarden Mark aus der deutschen Politik herausgebombt und -geprügelt haben. Solange dies so bleibt, ist der Abbau der millionenfachen Arbeitslosigkeit nicht möglich. Das hätten CDU-CSU anprangern sollte. Statt dessen macht der Generalsekretär der CDU Laurenz Meyer an die Grünen eigenartige Bündnisangebote.
Nicht nur aus Fischers alter Frankfurter Zeit, sondern aus der gesamten grünen Kampfzeit der 80er Jahre liegen noch genügend unverjährte Straftaten vor, die jederzeit ein Verbot der Grünen rechtfertigen würden -- aus Gründen, die nicht weniger schwerwiegend sind als jene, die man jetzt gegen NPD-Skinheads ins Feld führt.
Gegen Ende der 70er Jahre gab es noch keine bundesweite Struktur der Grünen, sondern lediglich örtliche und regionale Gruppierungen wie die Grüne Liste Hessen, die Grün-Alternativen in Berlin-West, die im wesentlichen norddeutsche Grüne Aktion Zukunft und andere mehr. Und diese Gruppierungen standen keineswegs immer links, sondern oftmals stramm rechts und setzten in der Ökologie der 70er Jahre die Nazi-Ideologie von Blut und Boden der 30er Jahre fort: Die GAZ des ausgestiegenen CDU-Mitglieds Herbert Gruhl hatte ein Programm, das dem Umweltprogramm der NPD nahestand, und die Grünen in Bayern waren stark geprägt von der AUD (Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher) August Haußleiters, der sich in der "sozialreformerischen" Tradition der Strasser-Gruppe der NSDAP vor 1934 sah. Der im März 1983 in den Bundestag gewählte Werner Vogel mußte schon wenige Wochen später zurücktreten, als seine Vergangenheit in der NSDAP bekannt wurde. Vogel war nicht einfaches NSDAP-Mitglied wie Millionen andere Deutsche gewesen, sondern Referent des Reichsinnenstaatssekretärs Stuckart, und der hatte wiederum an den Beratungen der berüchtigten Wannseekonferenz über die Judenvernichtung teilgenommen.
Pikant daran war, daß die Grünen von Nordrhein-Westfalen das Ganze bereits zwei Jahre eher wußten und Vogel trotzdem auf die Wahlliste für den Bundestag setzten. Auch Grünen-Vorstandsmitglied Gustine Johannsen hegte an ihre Zeit als NSDAP-Mitglied romantische Erinnerungen und sah noch in den frühen 80er Jahren angeblich Positives in der Gesellschaftspolitik Hitlers. Eine angeblich linke, damals prominente Grüne, Manon Maren-Griesbach, verteidigte Johannsen gegen empörte Kritiker als "alte, verdienstvolle Frau". Grünen-Mitbegründer Rudolf Bahro äußerte sich ähnlich -- nicht verwunderlich bei einem, der am 9. Dezember 1984 auf dem 7. Bundesparteitag der Grünen in Hamburg sagte: "Die Grünen steigen formell nach einem ganz ähnlichen Muster auf wie die Nazis."
Anfang 1985 wurde bekannt, daß der gesamte Berliner Landesverband in den Händen von erwiesenen, teils rechtskräftig verurteilten Neonazis war. Die Jüdische Allgemeine brachte am 11. Januar hierzu eine Dokumentation, die nicht nur in Deutschland Aufsehen erregte. Den Grünen blieb nichts anderes übrig, als sich von diesem Landesverband zu trennen und die Alternative Liste (AL) zum grünen Standbein in Berlin zu ernennen. Wegen der bis dahin geltenden Möglichkeit der Mitgliedschaft in beiden Organisationen blieb jedoch auch nach dem Januar 1985 zweifelhaft, wie "links" die AL wirklich war.
Ganz toll ging es bei der Gründung der Grünen Liste Wählergemeinschaft Rheinland-Pfalz zu: Hierzu kamen im Oktober 1978 in Lahnstein einschlägig bekannte Rechtsradikale wie der Eugeniker Manfred Bruker und Erwin Schönborn, aber auch junge Nationaldemokraten. Schönborns Gruppe mit dem irreführenden Namen "Vereinigung Verfassungstreuer Kräfte e.V." stand auch Pate bei der Gründung der Grünen Liste Baden-Württemberg. Bis Ende 1979 blieben die Neonazis noch unter sich, nach Gründung der Bundesgrünen 1980 gingen sie in den neuen Landesverbänden auf. Das waren einige der spektakulären Fälle, mit denen die Grünen vor 20 Jahren Negativschlagzeilen machten, deshalb ist verständlich, daß sie daran heute nicht mehr erinnert werden wollen.
Kontraproduktiv für die heutigen Grünen ist aber, daß ein unter Druck geratener Joschka Fischer sich ständig auf seinen "Anti-Faschismus" beruft, um seine militante Vergangenheit der Frankfurter Zeit zu rechtfertigen. Das provoziert geradezu Hinweise auf die braunen Fußspuren der Grünen. Viele der heutigen Mitglieder derselben NPD, die Rot-Grün jetzt verbieten will, haben beim Aufbau der Grünen tatkräftig mitgeholfen.
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