Mai 2003:
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Die Gegenargumente gegen die Magnetbahntechnik sind längst entkräftet. Aber es fehlt immer noch der politische Entscheidungswille, diese Technik endlich auch in Deutschland einzusetzen.

Transrapid: Beginn oder Ende einer Geschichte?

BüSo-Besuchergruppe bei der Besichtigung des ThyssenKrupp-Werks in Kassel Im Bild: Die BüSo-Besuchergruppe bei der Besichtigung des ThyssenKrupp-Werks in Kassel, wo der Transrapid gefertigt wird.

Wenn man dereinst auf die Entwicklungsgeschichte der Magnetbahntechnik im auslaufenden 20. und beginnenden 21. Jahrhundert in Deutschland zurückblicken wird, werden sich sicherlich viele Historiker erstaunt fragen, warum diese zukunftsweisende Technologie nicht genauso zügig und vorrangig in die deutsche Realwirtschaft eingegliedert wurde, wie wir das derzeit in China mit der Flughafenanbindung an die Innenstadt Schanghais erleben können.

Wie zu Beginn der Eisenbahntechnik im 19. Jahrhundert, als Ängste und Einwände gegen den damals bevorstehenden Eisenbahnbau eingebracht wurden, die uns heute absolut nicht mehr nachvollziehbar oder zumindest äußerst amüsant erscheinen, wird man vom zukünftigen Standpunkt aus über eine derart geballte Ladung an größtenteils völlig inkompetenten Vorurteilen und Falscheinschätzungen bestenfalls ungläubig den Kopf schütteln.

Bevor wir uns die Einwände, die heutzutage gegen die Einführung des Transrapids als Massenverkehrsmittel ins Feld geführt werden, genauer anschauen und mit den tatsächlichen Gegebenheiten abgleichen, ist es sicherlich nützlich, zu verstehen, warum solche Ängste gegenüber neuen Entwicklungen in der Zivilisationsgeschichte immer wieder aufkommen und dann auch jeweils von den Medien und anderen PR-Institutionen entsprechend massiv aufgebläht werden. Es handelt sich bei den konkret geäußerten Einwänden meines Erachtens zumeist nur um vorgeschobene Argumente einer tieferliegenden generellen Angst vor Veränderung. Der Mensch gründet sein Selbstbewußtsein (zum Teil) auf seinen Status in der Gesellschaft. Wenn nun eine grundlegende Veränderung innerhalb der Struktur der Gesellschaft bevorsteht, fürchtet er, die Verankerung innerhalb derselben zu verlieren und damit unterbewußt seine Selbstsicherheit einzubüßen.

Die Chance einer positiven Entwicklung, die aus einer Veränderung für die Gesamtgesellschaft - und damit auch für jeden einzelnen - erwächst, wird vielfach erst dann wahrgenommen, wenn sie bereits eingetreten ist.

Im Falle der Magnetbahntechnik sind die bekannten Gegenargumente in den Bereichen der Sicherheit, Umweltfreudlichkeit und Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit, Verträglichkeit für den Menschen, sowie Nutzen und Notwendigkeit einer solchen Technologie inzwischen weitestgehend widerlegt (siehe weiter unten), d.h. einer Einführung des Transrapids steht rational gesehen nichts mehr im Wege. Was fehlt, ist der politische Durchsetzungswille.

Dies wurde einer Gruppe von 17 Interessierten am 17.04.2003 bei einer Führung durch das Kasseler ThyssenKrupp Transrapid-Werk, an der ich auch teilnahm, sehr deutlich vor Augen geführt.

Der Pressesprecher des Werks, Werner Prechtel, gab uns zu Beginn einen informativen und sehr umfassenden Einführungsvortrag über Geschichte und Technologie der Magnetbahn, bevor wir dann die Produktionshallen der Transrapidzüge und der Antriebseinheiten für die Magnetbahnschienen besichtigen konnten.

Begonnen hatte die Entwicklung der Transrapidtechnik Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, als die Idee der sog. Langstator-Magnetfahrtechnik bei, Thyssen Henschel in Kassel in Zusammenarbeit mit der Universität Braunschweig in Angriff genommen wurde. Dabei handelt es sich um einen Elektromagneten, der sozusagen aus seiner runden Urform "ausgewickelt" und in die Gerade (Schiene) gestreckt wird. Dies bedeutet, daß die Antriebseinheit nicht im Fahrzeug, sondern im Fahrweg ruht und die Magneten im Fahrzeug die Aufgabe der Trag- und Führfunktion des Transrapids übernehmen. Dadurch wird eine berührungsfreie Fahrweise erreicht, die wegen der fehlenden Reibung leiser und verbrauchsärmer als herkömmliche Rad-Schiene-Systeme ist und durch die umgreifende Bauweise der Trag- und Führmagneteinheiten am Fahrwerk die Gefahr des Entgleisens ausschließt.

Beschleunigt, auf Geschwindigkeit gehalten und abgebremst wird der Transrapid durch ein elektromagnetisches Wanderfeld, das in dem in der Schiene ruhenden Langstator-Linearmotor erzeugt und stufenlos verändert werden kann. (Wer mehr über die Technik und andere Details wissen will, kann dies auf der Homepage: www.thyssenkrupp-transrapid.de nachlesen).

Von den ersten Versuchsobjekten, die auf einer 300m langen Testbahn im Kasseler Werk erprobt wurden (HBM 1 + 2), ging die Entwicklung über die ersten richtigen auf der Versuchsstrecke im Emsland getesteten Transrapid-Züge (Transrapid 05, 06 + 07), bis hin zum heutigen für den regulären Fahrbetrieb zugelassenen Transrapid 08, der seit dem 1. Januar 2003 zunächst probeweise auf der in Schanghai gebauten Flughafenanbindung verkehrt und ab diesem Sommer dann seinen entgültigen Fahrbetrieb aufnehmen wird.

Und anhand dieser zweigleisigen Strecke in China werden auch sofort mehrere der Vorteile der Magnetbahntechnik deutlich: Obwohl die Anbindung des Pudong International Airport an die Innenstadt Schanghais nur eine Distanz von 30km ausmacht, erreichen die in 5 (später 6) Sektionen verkehrenden Fahrzeuge ihre Betriebsgeschwindigkeit von 430 km/h schon nach den ersten Kilometern und bewältigen die Gesamtdistanz in gerade einmal acht Minuten! Gefahren wird im 10-Minuten-Takt ohne die Gefahr eines Auffahrunfalls, da die Antriebseinheit wie erwähnt in der Schiene liegt und dieses Unglück dadurch prinzipiell ausgeschlossen ist.

Was die Umweltverträglichkeit der Magnetbahn im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln angeht, hat der Transrapid den Vorteil, leiser und energieeffizienter zu verkehren, da er weder Roll- noch Motorgeräusche entwickelt und nicht durch Gleitreibung gebremst wird. Der Energieverbrauch gegenüber dem ICE oder TGV ist in jedem Geschwindigkeitsbereich deutlich geringer (ca. 30%). Dazu kommt, daß kein anderes Bodenverkehrsmittel die eigentliche Stärke des Transrapid - die hohen Geschwindigkeiten bis 550 km/h erreicht. Das eben Erwähnte zeigt seine Prädestinierung auf kurzen wie langen Strecken bis in den kontinentalen Distanzbereich hinein.

Hier kommt jetzt wieder - speziell für Deutschland - die politische Frage und die Frage der generellen Notwendigkeit von Investitionen in solche neuentwickelten Technologien auf: bei der langfristigen Investitionsplanung von Staaten steht immer das Entwicklungsziel der Gesellschaft für die nächsten Jahrzehnte zur Debatte; bei einer zukunftspessimistischen Sichtweise eines nachindustriellen Denkens lohnt sich natürlich so gut wie keine langfristige Investition, noch dazu, wenn man nur die Kostenaspekte und nicht die gessmtvolkswirtschaftliche Stimmulanzund Produktivitätssteigerung einkalkuliert.

Wenn man sich aber eine solche Technologie sowohl unter dem Gesichtspunkt des Nutzens für die heimische Volkswirtschaftsentwicklung, als auch für das langfristige Wohl der gesamten Weltbevölkerung betrachtet, ergibt sich ein ganz anderer Ausgangspunkt, der auch große Investitionen sofort als rentabel und gleichzeitig als moralisch notwendig erscheinen läßt.

Daß sich die politisch Verantwortlichen in Deutschland - egal welcher Couleur - dieser Sichtweise bisher nicht angeschlossen haben, wirft folglich die Frage auf, was für ein Menschenbild unsere Politiker leitet, bzw. wie unabhängig unsere politischen Institutionen von rückwärts gewandten Interessenvertretungen sind, die dem Gemeinwohl, dem höchsten anzustrebenden Ziel jeder Nation, entgegenstehen. Es geht also um nichts Geringeres als um die Verteidigung des Gemeinwohls, wenn wir uns der Frage der Notwendigkeit der Magnetbahntechnologie nähern wollen. Die BüSo hat sich bisher als einzige Partei eindeutig für den Transrapid ausgesprochen und eingesetzt. Es sollte doch möglich sein, die Bevölkerung soweit für die Einführung dieser Technologie zu mobilisieren, daß die ersten Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts in der Bewertung der Nachwelt nicht genauso peinlich ausfällt, wie dies für das Ende des letzten Jahrhunderts der Fall sein wird.

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