Dezember 2001:
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Vorsicht Zeitbombe!

Zeitbombe unter Deutschland?


Immer häufigere Zwischenfälle mit geplatzten Wasser- und Gasleitungen verschärfen die Verkehrsprobleme in den Innenstädten.

Die Berufspendler im Ballungsraum Mainz-Wiesbaden mußten in letzter Zeit immer häufiger eine ordentliche Portion Geduld mitbringen, wenn sie mit dem Auto zur Arbeit unterwegs waren. Nicht, daß das in anderen Großstädten anders wäre, aber in dieser Gegend kommt neben der sowieso schon als chaotisch zu bezeichnenden Verkehrsführung noch ein weiterer Hemmschuh hinzu, der die Autofahrer zu regelrechten Slalomfahrten zwingt: Die handfesten" Auswirkungen eines jahrzehntelangen Investitionsstaus im Gas- und Wasserversorgungsnetz der Stadt Wiesbaden, der ständig neue Baustellen verursacht.

Besonders chaotisch werden die Verhältnisse dann, wenn unter einer innerstädtischen Hauptverkehrskreuzung eine Hauptwasserleitung platzt oder ein Gasleck umfangreiche Erdarbeiten mitten auf einer Hauptstraße erforderlich macht, wie in jüngster Zeit gleich mehrfach geschehen.

Wie der Wiesbadener Kurier (WK) vom 5. Dezember 2001 berichtete, bestehen 452 des insgesamt 1145 Kilometer langen Leitungsbestandes aus Grauguß, einem Material, das schon im 19. Jahrhundert verwendet wurde und damit teilweise schon seit der Zeit im Boden liegt, als der Kaiser noch höchstpersönlich nach Wiesbaden kam, um sich in den hiesigen Heilquellen zu entspannen. Zwar ist es in einigen Kommunen und Städten bis heute üblich, einen Teil der Leitungen in Grauguß zu verlegen, aber heutzutage wird dazu sog. duktiler" Grauguß verwendet, d.h. eine weniger spröde Gußversion, die damit auch weniger bruchanfällig ist als die früher benutzten Gußrohre. Neben den Graugußleitungen, die wegen ihrer hohen Gestaltungsflexibilität in der Ausführung besonders in vernetzungsreichen Gebieten bevorzugt werden, dominieren heutzutage Beton- und Steinzeugleitungen sowie Stahlrohre. Zunehmend werden aber auch gerade für schmale Rohrdurchmesser Kunststoffrohre (HDPE) verwendet.

Was die allmorgendlichen Verkehrsbehinderungen angeht, zeigt sich nun als logische Folge nachindustrieller" Sparpolitik, die schon auf die Ära Kohl/Waigel zurückgeht und von der rot-grünen Regierung verstärkt fortgesetzt wird, daß die Realität sich eben früher oder später doch durchsetzt oder besser: Bahn bricht! Der Investitionsbedarf, der laut WK-Bericht allein in Wiesbaden auf ca. 100 Mio. DM veranschlagt wird, dürfte für ganz Deutschland größenordnungsmäßig im dreistelligen Milliardenbereich liegen. Und dies bezieht sich nur auf die Gas- und Wasserleitungen.

Wenn man ähnliche Kosten für ebenso nötige Sanierungsmaßnahmen an Straßen, Schienen und Wasserinfrastruktur, in der Energieversorgung sowie an öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäusern veranschlagt, kommt man ganz schnell auf einen ein- bis zweistelligen Billionenbetrag; nur um den Istzustand zu sichern.

Nun braucht man nicht gleich zur Monarchie zurückzukehren, um eine Generalsanierung der Infrastrukturgrundlagen in Deutschland in Angriff zu nehmen; und auch die Frage nach dem Geld für diese Investitionen stellt sich so nicht, denn jede weitere Verschleppung der Sache erhöht den Gesamtfinanzbedarf von Tag zu Tag. Wenn Sie also das nächste Mal im Stau stehen, sollten Sie sich, anstatt sich zu ärgern, einmal Gedanken darüber machen, welche zusätzlichen sinnvollen Neuinvestitionen erforderlich wären und wie diese ganzen Fragen mit der Arbeitsmarkt- und Erwerbslosensituation in Verbindung steht.


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