Februar 2001:
Pfad:> Partei BüSo> BüSo Hessen> Kultur> Archiv


Karl der Große


Einleitung

Unterschiedliche Eindrücke, die Karl der Große hinterläßt

Karl der Große Die Deutschen meinen er sei Deutscher,

die Franzosen meinen er sei Franzose,

der europäische Hochadel nahm ihn unter seine Vorfahren auf, denn blaues Blut genügte ihnen nicht,

für Marchiavelli war Karl kein beispielhafter Herrscher der Weltgeschichte, weil er sich vom Papst hatte krönen lassen,

auch für Martin Luther war er ein Knecht Roms gewesen,

Gottfried Wilhelm Leibniz feierte ihn als einen Herrscher, dem etwas gelungen sei, was nur wenige Herrscher erreicht hatten, nämlich die Macht mit dem Recht zu versöhnen, und er verdammte ihn wegen seiner bösen Tat zu Verden, die sein Bild schandbar verdunkele,

Votaire nannte ihn einen Sklaventreiber unter dem Zeichen des Kreuzes, Tod und Verwüstung auf seinen Fahnen, ein Heuchler, der sich vom Altar erhob und das Bett seiner Buhlerinnen aufsuchte, und ein Blutschänder.

Herder wünschte sich Karl wieder von den Toten zurück, denn vieles würde sich dann ändern.

Bismarck hielt die "wiederbelebte römische Kaiserei" für einen ausländischen, der deutschen Nation ungesunden Gedanken, der sich zum Unglück Deutschlands ausgewachsen hatte.

"Sachsen zu Rosse, Karl ist im Lande", rief Turnvater Jahn, "auf daß die fränkische Brut vom deutschen Boden vertilgt werde."

Von den Nazis wurde der Begriff "Karl der Sachsenschlächter", anstatt 'Karl der Große' hoffähig gemacht. Er sei "ostisch geprägt und vom Morgenlande geblendet" und habe die "Freiheit und Religion der nordischen Rasse blutig unterdrückt". Und sein Gegener Widukind wurde als "Bewahrer edelsten Germanenblutes" und "Herrenmenschen" und "Beschirmer der in Blut und Boden wurzelnden germanischen Volkskultur" gelobt.

Napoleon antwortete auf die Frage, was er von Karl hielte: "Karl der Große? - Das bin ich!".


Die Vorfahren Karls

Ursprünge der Franken

Die uns bekannten Ursprünge der Franken gehen auf die Gegend zwischen Rhein und Weser Ende des dritten Jahrhunderts zurück, wo sich kleinere Stämme zu einem großen Stammesverband zusammenschlossen.

Sie sind ebenso, wie die Alemannen von den Hunnen gegen die römischen Grenzen gedrängt wurden. ('Alamannen' bedeutet 'alle Männer' oder 'Menschen von überallher'.)

Die Franken waren ein wildes Volk, das nur den Tod auf dem Schlachtfeld als ehrenhaft ansah. Es war tief verwurzelt in die germanische Mythologie, war aber andererseits neugierig, so daß es auf einen Gott mehr oder weniger nicht ankam. Die Franken fielen zur Zeit der Völkerwanderung in die römisch kontrollierten Gebiete links des Rheins ein, besiegten die Römer, wurden von ihnen besiegt, wurden zu deren Bundesgenossen und dienten in deren Armee.

In der Zeit des römischen Verfalls siedelte ein Teil des fränkischen Volks in der Gegend von Köln, das schon teilweise christianisierte Reichsstadt war (die Rheinfranken) und ein anderer Teil in der Gegend der römischen Provinz Lüttich (die salischen Franken).


Die Dynastie der Merowinger

im 5. Jahrhundert bildete sich unter den salischen Franken eine Dynastie von Kleinkönigen oder Fürsten heraus, die der Sage nach von Merowech, das ist der Sohn eines Meeresgottes, abstammten und miteinander versippt waren. Daher der Name 'Merowinger', die erste Königsdynastie der Franken.

Einem Fürst, der von den Historikern als besonders hinterhältig beschrieben wird, gelang es durch Serienmorden seine 'Mitkönige' umzubringen, bis alle Verwandten beseitigt waren.

Dieser 'Einheitskönig' hieß Chlodwig.

Die Taten entsprachen aber den damaligen Gepflogenheiten der Germanen, denn es gab zwar die Blutrache und die 'Gottesurteile' (Ordalien) aber kein geschriebenes Gesetz, das einen Schwächeren gegen einen Stärkeren schützte. 'Frank' oder 'frei' bedeutete daher eher unrechtmäßig und 'stolz' bedeutete gewalttätig oder unbeugsam.

Was bislang die Franken und allgemein die Germanen zusammengehalten hat, waren der stärkere römische Gegner und was den Franken sehr zu Hilfe kam, war die Dekadenz und zunehmende Schwäche der Römer, die dann in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts von den Germanen gänzlich aufgerieben und besiegt wurden.

Es blieb von der einstigen Hochkultur nicht viel mehr übrig, als ein Gemisch aus den Resten der lateinischen und keltischen Sprache, die schon zuvor stark vom germanischen geprägt war, und einige, vom Christentum erschlossene Gebiete innerhalb der Kolonien links des Rheins.

=> Das einzige Verdienst der Merowinger, wie auch der Angelsachsen, war es die Römer als Kolonialmacht aus dem Land zu jagen. Die Frage ist, ob die Merowinger nun fähig waren, mit ihrer errungenen Freiheit umzugehen.

Trotz allem, die Franken werden christianisiert:

Andererseits hatte Chlodwig diplomatisches Talent in Bezug auf die anderen germanischen Völker und gewann den Burgunderkönig Chilperich zum Verbündeten gegen die Alemannen, indem er dessen Tochter Chrodechilde (Chlothild) heiratete, die aus Lyon stammte und christlich erzogen war, und sie stellte die Bedingung, daß sie nicht daran gehindert wird, ihre Religion auszuüben.

Die Alemannen waren damals ein noch wilderes Volk als die Franken (denn sie hatten den Römern schon Jahrhunderte zuvor das Gebiet zwischen Rhein und Neckar abgejagt). Die Strategie Chlodwigs war, ein Bündnis mit den kulturell höher stehenden Burgundern einzugehen, um die Alemannen zu unterwerfen und tributpflichtig zu machen, danach war es leicht, auch die anderen Völker zu unterwerfen.

Ein neuer Gott wird ausprobiert:

Auf dem Höhepunkt des Krieges mit den Alemannen, als das Heer bereits in Unordnung war, betete Chlodwig für den Sieg und gewann den Krieg gegen die Alemannen.

["Jesus Christus ... Sohn des lebendigen Gottes, ich flehe Dich demütig an um Deinen mächtigen Beistand ... denn ich habe meine Götter angerufen, aber wie ich erfahre, sind sie weit davon entfernt, mir zu helfen. Ohnmächtig sind sie und vermögen denen nicht zu helfen, die ihnen dienen. Ich rufe nun Dich an und es verlangt mich, an Dich zu glauben; nur entreiße mich aus der Hand meiner Feinde". (überliefert von Gregor von Tours, Bischof)]

So nahmen die Franken das Christentum an. Doch, an einen Gott glauben, hieß bei den Germanen nicht, an seine Existenz zu glauben, sondern ihn sich für seine Zwecke zunutze zu machen. Das tat Chlodwig, indem er die Bischöfe 'kaufte' und neben seinen 'weltlichen Großen', die Grafen, die zwar im Krieg erprobt waren, aber keine Schulbildung hatten, die Bischöfe als eine Art Beamte in seinen Dienst stellte und mit Pfründen ausstattete. Die Bischöfe konnten zwar oft auch nur schlecht schreiben, aber ihnen war wenigstens die lateinische Sprache geläufig, und hatten Einfluß auf die Abteien und so ließ Chlodwig erste Schulen gründen, die neben den Anwärtern auf geistliche Ämter vor allem von dem Adel der Merowinger besucht wurden, die dann in die Dienste des Königs traten, zum Beispiel als Schreiber.

Damit war die Grundlage für die Reichsverwaltung gelegt, aus der sich später die Karolinger entwickelten.

Vor dem Taufen predigen:

Der Status der Kirche war somit vorgegeben, die von da an mit weltlicher Macht ausgestattet und von König abhängig war. Das führte dazu, daß sich die Bischöfe immer mehr an dem Lebenswandel der weltlichen Großen orientierten, anstatt auf deren Lebenswandel Einfluß zu nehmen.

Der damit einhergehende moralische und kulturelle Verfall des Frankenreiches kam bald.

Das Reich wird dreigeteilt:

Nach dem Tode Chlodwigs wird das Reich in Austrien, Neustrien und Burgund geteilt. Ein mörderischer Kampf entbrennt, es bleiben zwei Frauen übrig, die sich gegenseitig bis aufs Blut bekämpfen: Fredegunde und Brunichilde (Grundlage für die Niebelungensage). Zuerst werden die Söhne, dann die Enkel, und als von denen keiner mehr übrig war, die Urenkel als Thronerben eingesetzt. Alleine zehn Frankenkönige und -Prinzen sind auf das Konto von Brunichilde gegangen; die noch übriggebliebenen waren nun unfähig das Reich zu regieren, das bald ganz auseinanderfiel; die Könige kümmerten sich mehr um die Jagd als um das Reich


Die Dynastie der Karolinger

In diesem Umwälzungen kamen die Karolinger (Arnulf von Metz und Pippin der Ältere) zur Macht, die sich um die Verwaltung des Reiches kümmerten, die sogenannten Hausmeier (mayor domus). Sie waren eine Art Hofbeamte, unter dem Einfluß der Klosterschulen gebildet und entsprechend kultiviert, verstanden Latein, ließen sich im Gegensatz zu dem Merowingern die Haare schneiden und den Bart stutzen, was unter den Frankenherrschern seit jeher verpönt war, denn keine Schere durfte je die Haare eines Merowingers berühren.

Mit diesem Wandel änderten sich auch die politischen Sitten: Statt Rivalen zu ermorden, steckte man sie in Klöster, denn es hatte sich unter den Karolingern nichts an dem Verhältnis von Kirche und Staat geändert.

Allmählich übernahmen sie die Macht im Frankenreich und die Merowinger fungierten nur als Marionetten auf dem Königsthron, um die Reichseinheit sicherzustellen. Die Karolinger übernahmen insbesondere die Aufgabe, die rebellierenden germanischen Stämme (vor allem die Alemannen und Bayern) wieder ins Reich einzugliedern.

Karl der Hammer:

Vor allem 'Karl der Hammer' (Carolus Martellus) sicherte das Reich in den ursprünglichen Grenzen aus der Zeit Chlodwigs. Dabei nötigte er den unterworfenen Stämmen einen Treueschwur ab und machte sie tributpflichtig.

Als die Araber (die Sarazenen, wie sie damals genannt wurden), in Spanien einfielen und weiter in das Frankenreich vordrangen, enteignete Karl die Bistümer, um die Bewaffnung eines Reiterheeres zu finanzieren. Es gelang Karl, die Araber zu schlagen und bis zu den Pyrenäen zurückzudrängen. Das gelang mit Hilfe der Panzerreiter (die eine Unmenge Geld kosteten, aber praktisch verlustfrei kämpften). Das christliche Europa war damit gesichert;

War das nur ein Zufall?

Die Brüder Karlmann und Pippin:

Nach dem Tode des Karolus Martellus fingen die unterworfenen Völker wieder an, sich gegen die Herrschaft der Franken aufzulehnen, weil ja der Herrscher, dem sie die Treue schworen, nicht mehr existierte. Ihr Nachteil war es, daß die Söhne Karls, unter denen das Reich aufgeteilt wurde, gemeinsam gegen die Aufständischen vorgingen; besonders die Alemannen wurden ganz empfindlich 'gezüchtigt': Als die besiegten alemannischen Adligen auf dem Gerichtstag in Cannstadt ohne Waffen erschienen, wurden sie aus Vergeltung hingerichtet, was gegen das ungeschriebene Gesetz der Germanen verstieß.

Auf dem Schlachtfeld haben weder Karl Martell, noch Pippin jemals eine Schlacht verloren.


Das Leben Karls des Großen

Seine Person

Über das Geburtsjahr Karls herrscht Unsicherheit. Fest steht, daß er in den vierziger Jahren des achten Jahrhunderts geboren wurde.

Seinen jüngeren Bruder Karlmann konnte er nie leiden und als beide nach dem Tod Pippins Könige wurden, mieden sie sich gegenseitig. Karl kreidete seinem Bruder besonders an, daß er ihn bei einem Feldzug gegen die Aquitanier nicht unterstützte.

Wäre sein Bruder nicht schon früh gestorben, wäre es unaufhaltsam zum Bruderkrieg gekommen. Nach Karlmanns Tod sicherte er sich die Alleinherrschaft, indem er die Familie Karlmanns in ein Kloster verbringen ließ.

Seine Muttersprache war sein fränkischer Dialekt des althochdeutschen und wurde schon damals als deutsch, (toitsch) bezeichnet (kommt von 'lingua theodisca' = die Sprache des Volkes). Er sprach fließend Latein und war des Griechischen mächtig, tat sich aber mit dem Schreiben schwer; er war neugierig und wißbegierig und ließ sich oft aus der Bibel und aus den Büchern des heiligen Augustinus vorlesen.

Neben seiner Frau Hilmitrud wurde er von seiner Mutter mit der Langobardenprinzessin Desiderata verheiratet, vor der ihn Papst Stephan gewarnt hatte. Der gehässige Brief vom Papst machte aber keinen Eindruck auf ihn (vielleicht hätte er in einer anderen Form seine Wirkung nicht verfehlt). Jedenfalls verstieß er sie wieder, nachdem in Rom ein neuer Papst gewählt war.

Außer seiner legitimen Frau hatte er nach der fränkischen Tradition mehrere Friedelfrauen und war auch den anderen Frauen in seiner Umgebung zugetan.

Seine Frau Hildegard war ein Kind, als er sie heiratete, sie gebar ihm neuen Kinder und wurde 24 Jahre alt. Ihr Tod traf Karl offenbar hart; als er davon erfuhr seien ihm schwere Tränen zwischen Schild und Schwert heruntergefallen.

Karl konnte Fehler, die er gemacht hatte, durchaus zugeben. So gab er während eines Spanienfeldzuges im Jahr 778 die Erstürmung von Barcelona und Gerona auf, als er merkte, daß sie einfach nicht einnehmbar waren und er sich durch die Versprechen Suleimans, ein Feind des Emirs von Cordoba hatte täuschen lassen.

Im Jahr 792 machte einer seiner Söhne (Pippin) einen Aufstand gegen ihn, indem er sich mit einer Gruppe enttäuschter Adeliger verbündete. Nachdem der Putsch mißlang wurde von den verschworenen Adeligen einige geblendet, einige enthauptet und einige gehängt. Pippin wurde zur Geißelung mit Rute und Peitsche begnadigt und in ein Kloster verbracht.

Mit der Kaiserkrönung wurde Karl auch offiziell zum religiösen Führer (der neue Augustus), der mit seiner Politik die neuen Richtlinien eines christlichen Abendlandes festsetzte.

Karl starb im Jahr 813. Seine letzten Worte waren: "In Deine Hände, Vater, befehle ich meinen Geist."


Die äußeren Umstände der Epoche Karls

Die romanische Bevölkerung Aquitaniens war den Franken verhaßt, sie galten als flatterhaft und chaotisch, die lingua romana galt als Kauderwelsch, sie wurde aber wegen der höheren Kultur insgeheim beneidet.

Die Feldzüge und Reisen wurden mit dem Pferd unternommen und waren beschwerlich. Außer bereits verfallenen Römerstraßen standen nur halb zugewachsene Waldwege und die Flüsse zur Verfügung. In 300 Jahren war nichts unternommen worden, um die Infrastruktur zu verbessern (gute Straßen zogen nur Feinde an).

Zum Kriegsdienst waren alle Freien verpflichtet. Die damalige Form der Kriegsdienstverweigerung war, in ein Kloster zu gehen, wovon auch da schon reichlich Gebrauch gemacht wurde.

Die Währung war der Schilling, das war der Gegenwert zu einem einjährigen Rind.

Der Sklavenhandel in Europa florierte und ging vor allem vom Slavenland ('Sklaven-Land') nach Arabien, um dort die Harems mit Frauen und Eunuchen 'aufzufrischen'.

Der Schmuggel von fränkischen Waffen florierte und ging vor allem nach Dänemark und ins Slavenland. Obwohl darauf die Todesstrafe stand, schaffte man nie, ihn zu beseitigen.

Von der freien Bevölkerung waren fast alles Bauern (80% der Gesamtbevölkerung), die in sehr verstreuten Gehöften lebten. Die Bevölkerungsdichte betrug ca. 8 Menschen pro Quadratkilometer. Die Dörfer mit etwa 150 Menschen, die es nur im Südwesten Deutschlands gab, waren vergleichsweise groß.

Die Häuser waren damals fast alle aus Holz. Besonders reiche Große bewohnten aus Lehm gefertigte Fachwerkhäuser. Auch die meisten Kirchen waren aus Holz. Die Dächer waren mit Stroh gedeckt.

Die Menschen lebten oft mit dem Vieh unter einem Dach. Als Stühle dienten Holzblöcke, der Boden war gestampfter Lehm, und pritschenähnliche Gestelle dienten als Betten.

Ein Bauer erntete pro gesätem Getreidekorn 2 - 3 Körner. In der Lombardei dagegen war der Ertrag etwa 8 : 1, weil das Klima milder und die Bodenbearbeitung besser war. Der hölzerne Hakenpflug, der von Ochsen gezogen wurde, war dem eisernen Räderpflug unterlegen. Äxte, Sensen und Sicheln waren aus Eisen, ebenso wurden Holzspaten mit Eisenteilen verstärkt. Obwohl Pferde für Königsboten schon seit Jahrhunderten bekannt waren und im Heer seit zwei Generationen eingesetzt wurden, konnten sich Pferde nur ganz wenige Bauern leisten, weil sie im Vergleich zu den Rindern zu aufwendig zu halten waren.

Da der Dung aus den Ställen hauptsächlich für die Gärten gebraucht wurde, für die die Frauen verantwortlich waren, bestand sonst eine Zweifelderwirtschaft, wobei immer ein Teil des Bodens brachlag, der sich ein Jahr lang erholen konnte.

Trotz aller Anstrengungen bezüglich der Bodennutzung hatten die Menschen nie genug zu essen und es kam immer zu Fällen von Kannibalismus. Denn, waren die Winter zu streng, erfroren die Menschen, waren sie zu mild, nahm das Ungeziefer überhand und die Menschen hungerten.

Bier konnten sich nur die Freien leisten und Wein nur die wohlhabenden unter ihnen. Auch der verbreitete Met wurde eher selten getrunken. Ganz anders in Italien - ein Mönch von dort fragte wegen des Biers in einem Kloster zu Fulda: "Was ist das, das so nach dem Bocke stinkt?"

Im Reich waren Raub und Wegelagerei weitverbreitet. Reisende wurden auch wegen noch so geringer Habe umgebracht. Sicher reiste nur, wer sich bewaffnete Knechte leisten konnte. Um der Selbstjustiz Einhalt zu gebieten, verhängte Karl abschreckende Strafen, wie das 'Entfernen' von Nasen, Ohren, Händen und Augen.

Die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen lag bei 44, die vom Männern bei 47 Jahren. 40% der Kinder starben bei der Geburt oder wenig später.


Die wirtschaftlichen Errungenschaften

Von den Karolingern wurden wichtige Erfindungen in Mitteleuropa eingeführt:

Die Reiterei, die Rüstung, der Harnisch als Kopfschutz und der Steigbügel.

Die Pferde im Tross, die die Planwagen zogen, wurden mit einem Brustblatt ausgestattet, was deren Zugkraft verdoppelte.

Karl machte den Versuch einen Kanal zwischen Rhein und Donau zu bauen, indem er einen Bautrupp von 6000 Mann damit beschäftigte, plus 1000 Mann für die Logistik, scheiterte aber an der Größe des Projekts; dieses wurde erst 1846 von Bayernkönig Ludwig I. verwirklicht.

Gebaut wurde eine hölzerne Brücke bei Mainz über den Rhein, die großen Kaiserpfalzen und der Dom zu Aachen wurden aus Stein gebaut (die ersten Steinbauten nach der Römerzeit).

Das Land wurde in Grafschaften eingeteilt, die von Pfalzgrafen und von Markgrafen regiert wurden. Sie waren die Vorsteher der Kaiserpfalzen und bekamen neben ihrem eigenen Besitz ein Stück Land ausgeliehen, ein sogenanntes Lehen. Es gab bis zu 250 dieser Residenzen.

Die Grafen, Herzöge und hohen Geistlichen waren die sogenannten Kronvasallen; ihnen untertan waren die sogenannten Aftervasallen, bestehend aus Rittern, Dienstmannen und Äbten. Weiter darunter waren die Unfreien, das waren hörige und leibeigene Bauern.

Schon Karl machte sich Sorgen um die Rodung der Wälder zur Gewinnung des Ackerlandes. Er schrieb, daß nur dann gerodet werden dürfe, wenn es notwendig ist und das Gebiet geeignet sei.

Gleichzeitig wurde die Dreifelderwirtschaft eingeführt, mit der Fruchtfolge Wintergetreide, Sommergetreide und Brache.

Die Gärten der Kaiserpfalzen und der Klöster waren die landwirtschaftlichen Forschungsstätten, in denen über 100 Baum-, Pflanzen- und Kräuterarten gezüchtet wurden. Karl achtete sehr darauf, was dort geschah.

Man versuchte Wein, wegen der liturgischen Notwendigkeit, fast überall anzubauen. Der Geschmack war nicht so wichtig.

In den Klöstern wurden Bettler und Arme beherbergt. Etwa ein Viertel der Einnahmen wurde verwendet, um den Armen einen Schlafplatz und eine warme Suppe zu gewähren. Karl mahnte die Klöster, daß sie auch in Hungersnöten niemanden abweisen sollten: "Alle, die kommen, sollen bewirtet werden, wie Christus, und am jüngsten Tag, wenn die guten Taten belohnt werden, wird er sprechen: 'Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen'."

Das Münzrecht, das seit den Merowingern auf die Grafen und Abteien übergegangen war, wurde durch Pippin, dem Vater Karls wieder zentralisiert. Und Karl setzte in seiner Münzreform, bei der er die fränkische Währung an den Denar koppelte, fest, daß aus einem Pfund Silber 240 Denare geschlagen werden mußten und somit jeder Denar 1,6 Gramm nach heutigem Gewicht zu wiegen hatte. Die Vorderseite eines Denars zeigte das Bild des Königs und die Rückseite zeigte ein Kreuz.

Immer wieder gingen neue Erlasse und Mahnungen im ganzen Reich an Bischöfe, Äbte, und Grafen: "Lehren sollt ihr, lernen sollt ihr, bilden sollt ihr Euch. Richtet Unterrichtsstunden ein, in denen die Knaben lesen lernen." Die Schulen, die eingerichtet wurden, waren verglichen mit der Größe des Landes allzu wenige: Fulda, Reichenau, Tours, Utrecht, Freising, Lyon. Sie bildeten den Anfang der späteren Universitäten.


Die Kirche

Zwar war der weltliche Klerus sehr stark vom König abhängig, die Missionare, und teilweise die Äbte standen in Verbindung mit dem Bischof von Rom und ihre Unternehmungen waren den Königen und Hausmeiern nur so lange recht, wie sie christliche Strukturen in den eroberten Gebieten aufbauten, um dem Reich in den neu eroberten Gebieten Festigkeit zu verleihen. Einer dieser Missionare war Bonifatius, der von einer königlichen Gesandschaft beschirmt, in den heidnischen Gebieten der Bevölkerung den christlichen Glauben predigte. Wie schon erwähnt, fand unter Karl Martellus die erste Kirchenenteignung statt, wodurch sich die politischen Verhältnisse entschieden änderten.


Die Erfindung der Kirchensteuer in Deutschland

Nach dem Tode Karl Martells begannen auch die Bischöfe, ihr enteignetes Gut zurückzufordern. Das war aber unmöglich, weil sonst die weltlichen Grafen rebelliert hätten, die über das enteignete Gut herrschten. Stattdessen wurde ihnen von Karlmann eine Kirchensteuer gewährt. Im Gegenzug wurde auf Reformen gedrängt, die das Leben der Kirchenoberen betrifft; eine Reihe von Verboten und Geboten wurde aufgestellt:
Das Tragen von Schwertern während den Feldzügen (und auch außerhalb), die Jagd auf Wild mit Hunden und Falken (die war von nun an den weltlichen Oberen vorbehalten) und keine Frauen sollten in ihnen Häusern geduldet und keine Unzucht getrieben werden. Sie mußten die Casula tragen (ein langes Gewand), sich im Latein vervollkommnen und sich im Lesen und Schreiben üben. Den Gläubigen sollte das Evangelium gepredigt werden und der Götzendienst (Tieropfer und Wahrsagerei) sollte ausgerottet werden.

Ein Versuch der Kirchenreform:

Die Kirche versuchte vom König unabhängig zu werden: Bonifatius machte in Zusammenarbeit mit dem Papst den Versuch die Einsetzung der Bischöfe auf den Papst zu übertragen; Dazu rief er in Frankfurt am Main eine fränkische Generalsynode ein. Der Versuch mißlang; ihm wurde der Erzbischofssitz in Köln von Pippin aberkannt und er wurde zum Bistum Mainz verwiesen. Er starb als Märtyrer in Friesland.

Damit war die Kirche weiterhin nicht eigenständig, sondern sie funktionierte, wie eine Bürokratie in den Diensten des Königs. Die Reaktion von Papst Stephan darauf war, daß er sich um Schutz vor den Übergriffen des oströmischen Kaisers und den Langobarden an Karl Martell und später an Pippin wandte. Dazu wandte er erheblichen moralischen Druck an, er ließ den Apostel Petrus für ihn sprechen; diesem Druck beugte sich Pippin dann und sprach dem Papst das Gebiet von Benevent und Spoleto zu, eine Art Schutzzone vor den Langobarden und Ostrom.

Diese Situation beherrschte Europa die nachfolgenden Jahrhunderte.


Die Feldzüge Karls

Der Feldzug gegen die Langobarden

Die Langobarden nahmen Mitte des sechsten Jahrhunderts Norditalien in Besitz. Der Name kommt von 'lange Bärte'. Sie waren in der Anfangszeit bestrebt, sich nicht mit der einheimischen romanischen Bevölkerung zu vermischen, was aber auf Dauer nicht vermieden werden konnte. Mit der Christianisierung begann die Wirtschaft aufzublühen und die Langobarden, die jährlich 2 bis 3 Mal auf ihren Feldern ernten konnten, entwickelten sich unter dem Einfluß des Mönchtums zur Hochkultur.

Das römische Kaisertum war inzwischen ganz verfallen und die weltliche Macht auf den Papst übergegangen, dessen Machtbereich sich auf die Gebiete um Rom beschränkte.

Als die Langobarden ihre Macht auf Rom ausdehnen wollten, bat der Papst Karl den Großen, die von Pippin versprochenen Gebiete militärisch zu sichern. Ursprünglich waren die Franken mit den Langobarden verbündet, vor allem wegen der Alemannen und Bayern), der Tod Karlmanns und die Wahl Hadrians zum neuen Papst bewogen Karl, das Bündnis mit den Langobarden aufzukündigen.

Für die Franken hatte der römische Klerus vor allem der Reichsverwaltung gedient, und auch der Papst war vom Wohlwollen des Königs und der Herzöge abhängig, was sich unter Karl dem Großen änderte. Man könnte diesen Schritt als Konkordat bezeichnen.

Das setzte den ersten großen Feldzug Karls in Gang. Die Truppen Karls gelangten über die Alpen und schlossen Pavia ein, wohin sich Desiderius geflüchtet hatte. Die Festung war zu gut befestigt, um eine Erstürmung zu wagen und so entschloß man sich zur Aushungerung. Es war das erste Mal, daß ein fränkisches Heer im feindlichen Land überwintern mußte.

Karl hatte ein dreiviertel Jahr Gelegenheit, sich mit der Kultur des Mittelmeerraumes zu befassen, was sich später in der karolingischen Renaissance zeigte.

Zu Ostern besuchte er Rom und verhandelte über die genaue Festsetzung der zugesagten Gebiete, die, obgleich sie noch zu erobern waren, sehr großzügig ausfielen.
Die Geschichtsforscher machen ein ziemliches Spektakel daraus, unter Einbeziehung aller politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Fest steht folgendes:

1. Karl war von Natur aus großzügig.

2. Man kann leicht verschenken, was einem nicht gehört.

3. Karl wollte einen endgültigen Ausgleich schaffen für die von Martellus enteigneten Gebiete und sah es ganz gerne, wenn er die Kirchenfürsten der Erzdiözesen innerhalb des eigenen Landes politisch kleinhalten konnte, indem er den Papst als Hauptverhandlungspartner stärkte.

4. Karl wollte die Position des Papstes gegenüber dem oströmischen Kaiser stärken.

Nachdem die Belagerung erfolgreich war, fand man in dem Schloß Desiderius' einen erstaunlich großen Königsschatz, für den sich die Mühe gelohnt hatte. Karl galt als ausgesprochen großzügig gegenüber seinen Verbündeten und als milde gegenüber seinen Feinden.


Der Feldzug gegen die Sachsen

Das Volk der Sachsen unterteilte sich in vier Stämme: Die Engern, die Westfalen, die Nordalbingier und die Ostfalen. Die sächsische Bevölkerung teilte sich in vier Stände ein: die Edelinge, die Frilinge, die Halbfreien und die Leibeigenen (bei den Franken waren es nur drei).

Im Gegensatz zu den Franken kannten die Sachsen keine Vielehen, Für außereheliche Verhältnisse wurden Frauen mit dem Tod bestraft. Auch Eheschließungen zwischen den einzelnen Klassen wurden mit dem Tode bestraft. Auch die politischen Verhältnisse müssen für die Franken befremdlich gewesen sein: Es gab keinen König und keinen Herzog. Die entscheidenden Fragen, die das Verhältnis der vier Stämme regelten, wurden auf dem Thing in Marklo, der Ratsversammlung geklärt. Dort wählte jeder Stamm seinen eigenen Heerführer. Diese 'Wahl' wurde nur von den Edelingen bestritten. Im Verlauf der Sachsenkriege waren es die Edelinge, die bereit waren, mit den Franken Frieden zu schließen. Es war der Heerführer der Westfalen, der es verstand die Frielinge der drei anderen Stämme immer wieder gegen die Franken zu mobilisieren: Sein Name war Widochind.

Es sollte ein dreißigjähriger Krieg werden.

Nach fränkischem Recht war Untreue gegenüber dem Kaiser Hochverrat und darauf stand die Todesstrafe. Sie ist jedoch gegenüber einem tributpflichigen Volk unter Karl seither nie angewandt worden.

Als im Jahr 745 einmal zwei Eliteeinheiten der Franken niedergemacht wurden, brach Karl mit dieser Tradition. Er ließ sich von den Edelingen die am Aufstand beteiligten Männer ausliefern. Als sich 4500 Männer stellten, wurden diese hingerichtet.

[Fest steht der Vorgang als solches und daß es keine Edelinge, also Diplomaten waren, sondern von Widukind geworbene Frielinge, also Partisanen. Auch werden die Hinrichtungen von einigen Historikern angezweifelt: Sie deuten das Wort für Enthauptung = 'decolare' mit 'delocare' = Aussiedlung, was auch oft genug praktiziert wurde. Andere Historiker versuchen die Tat damit zu entschuldigen, daß Otto, der erste Sachsenkaiser später einmal 700 slavische Kriegsgefangene umbringen ließ und auch der Merowingerkönig Dagobert I. einige tausend Slaven hinrichten ließ. In der Zeit der Machtergreifung der Nazis Anfang der dreißiger Jahre, ließ man an der vermuteten Stelle einen sogenannten Sachsenhain anlegen, als 'Mahnmal', diese Schandtat nie wieder zu vergessen]

Von nun an wurden die geringsten Vergehen mit dem Tode bestraft. Die pauschale Abgabe von Pferden wurde, obwohl die Sachsen durch den Krieg geschwächt in eine Zehntsteuer umgewandelt und alle Sachsen zwangsgetauft. Die Folge war, daß sich nun gleich mehrere Stämme zusammenschlossen und gemeinsam gegen das sächsische Heer antraten, allerdings ohne Erfolg. Nun begannen die Sachsen die Friesen, die bereits christianisiert waren, gegen die Franken aufzubringen und dem christlichen Glauben abspenstig zu machen.

Der Mönch Alkuin, der engste Berater Karls machte seiner Verbitterung Luft:
"Ach hätte man dem widerspenstigen Volk der Sachsen das leichte Joch Christi und die angenehm zu tragende Last mit der gleichen Inbrunst gepredigt, mit dem man den Zehnten eingefordert hat und die geringsten Vergehen bestraft, schwerlich hätten die Menschen dort ihr Taufgelöbnis gebrochen. - Haben denn die Apostel die Christus einst ausgesandt hatte, den Zehnten gefordert? - Der Zehnte ist wohl nötig, aber sein Verlust ist unwichtig gegenüber dem Verlust des Glaubens."

Man erkannte, daß die ganzen Strafaktionen und Deportationen zu nichts führten (sie erinnern uns heute mehr an Vietnam). Die Ursache, die Karl letzendlich dazu bewegte, seine Politik gegenüber den Sachsen zu ändern, war die Tatsache, daß ihm ein zerstörtes Sachsen und ein toter Widukind nichts nützte.

Karl trat durch seine sächsischen Verbündeten mit Widukind in Verbindung. Dieser stellte eine ungeheuerliche Forderung: Er verlangte zu seiner Sicherheit hochgestellte fränkische Geiseln und freies Geleit, was er auch bekam. Es ist nicht überliefert, wie man am Hofe Karls mit ihm verhandelt hatte, ob er persönlich, ob Alkuin.

Widochind ließ sich im Jahre 785 in Attigny taufen:

»Forsachistu diobolae?« Widersagst du dem Teufel?

»Ec forsacho diobolae.« Ich widersage dem Teufel.

»End allum diobolgeldae?« Und allen Teufelswerken?

»Ec forsacho allum diobolgeldae.« Ich widersage allen Teufelswerken.

»Forsachistu thunaer ende woden ende saxnote ende allum them unholden?«
Widersagst du dem Donar, Wotan, Saxnot und allen ihren Unholden?

»Ec forsache.« Ich widersage.

»Gelobistu in got alamehtigan fadaer?« Glaubst du an Gott, den allmächtigen Vater.
»Ec gelobo in got alamehtigan fadaer« Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater.

»Gelobistu in christ godes suno?« Glaubst du an den Christus, den Sohn Gottes?

»Ec gelobo.« Ich glaube.

»Gelobistu an halogan gast?« Glaubst du an den Heiligen Geist?

»Ec gelobo.« Ich glaube.

Widukind war getauft, sein Taufpate war Karl; damals hatte Patenschaft den Vorrang vor Blutsverwandtschaft. Mit einem Ehrengeleit und mit Geschenken, die ihm Karl gemacht hatte, zog er nach Sachsen zurück. Darunter waren eine goldgetriebene und edelsteinbesetzte Reliquientasche und eine Taufschale mit grünem Serpentin in Bronzefassung mit der Aufschrift: "Mit diesem seltenen Geschenk bereichert uns Afrika".

Widukind gründete in Sachsen Kirchen, Klöster und das Bistum Minden.

Das südliche Sachsen war weitgehend christianisiert aber der Norden war in seinem Widerstand noch ungebrochen. Karl sah sich erneut gezwungen einzugreifen, diesmal mit Massendeportationen, Orte wie Hohensachsen, Großsachsen, Lützelsachsen erinnern daran oder Sasbach, wovon es alleine in Baden drei gibt. Außerdem konnte man jetzt viele Taten, die Strafe verdienten, mit Geld wiedergutmachen(!)

Auf der anderen Seite war die Unbeugsamkeit der Sachsen Anlaß für politische Reformen, in denen jedem Volk sein eigenes Recht gewährt wurde, der Anfang des Föderalismus.


Die Absetzung der Aigolfinger

Tassilo, der Herzog der Bayern war schon unter der Regentschaft von Pippin, Karls Vater an die Macht gekommen. Er residierte in Regensburg und hatte, wie die anderen Herzöge und Grafen die Pflicht, bei der Verteidigung des Reichs Hilfe zu leisten. Dafür war aber ein gutgerüstetes Heer notwendig, das von Tassilo vernachlässigt wurde. Stattdessen investierte Tassilo lieber in den Aufbau von Klöstern, die, weil sie die einzigen wissenschaftlichen Einrichtungen der damaligen Zeit waren, vergleichsweise schnell wirtschaftlichen Gewinn abwarfen. Unter seiner Herrschaft wurden alleine neunundzwanzig gegründet.

Schon unter der Regentschaft Pippins hatte sich Tssilo während eines Feldzuges gegen die Aquitanier krank gemeldet. Außerdem ließ sich Tassilo Titel zulegen, die gewöhnlich nur einem König zustanden, wie 'höchster Fürst', 'Erlauchtester', 'Glorreicher'. Er berief Versammlungen ein, die an die fränkischen Reichstage erinnerten und zeichnete seine Urkunden nach seinen eigenen Regierungsjahren. Zudem schloß er Verträge mit den Awaren ab, die als Feinde des Reichs galten. Der Gipfel war, daß er seinen Sohn Theodo zum Mitregenten ernannte. Tassilo ersuchte auch den Papst um Unterstützung, was Hadrian aber ablehnte.

Als Tassilo schon wieder einen Mobilmachungsbefehl zurückwies war das Maß voll. Drei (f&uulm;r damalige Verhältnisse) riesige Heere marschierten auf Regensburg zu, eines aus der Lombardei, eines aus Sachsen und eines aus Auqitanien. Bayern wurde kampflos eingenommen und Tassilo wurde in ein Kloster verbracht.


Der Schatz der Awaren

Das Reich der Awaren erstreckte sich im gesamten Donauraum bis hin zum schwarzen Meer. Sie waren der türkischen Wanderungswelle ausgewichen und gehörten zur asiatischen Völkerfamilie. Regiert wurden sie von Khanen und der Großkhan, ihr oberster Führer hieß Baian. Sie sind sozusagen im Sattel großgeworden und verbreiteten Schrecken im Osten Europas; mit ihren Reflexbögen konnten sie selbst die Brustpanzer der Reiter durchbohren. (Zu dieser Zeit bildete sich der Begriff 'Sklaven' heraus, denn nachdem die 'Gepiden' von den Awaren ausgelöscht wurden, siedelten sich dort slawische Stämme an, die von Langobarden tributpflichtig gemacht wurden).

Wurde eine Stadt von den Awaren eingenommen, dann wurden die Männer umgebracht, die Frauen und Kinder versklavt. Es wurden selbst die Priester an Kirchentüren genagelt und die Kreuze auf den Gräbern mit den Köpfen von Erschlagenen versehen.

Die eroberte Beute wurde in sogenannten 'Ringen' gelagert, die aus starken Eichenstämmen angelegt wurden, sieben Meter breit und sieben Meter hoch.

Der Feldzug gegen die Awaren fiel gerade in eine Zeit, als die Awaren durch innere Streitigkeiten geschwächt, anfingen, sich der Viehzucht und des Ackerbaus zuzuwenden. Karl hatte den Feldzug glänzend organisiert: Er zog mit seinem Heer auf der einen Seite der Donau entlang, während die sächsischen, friesischen und thüringischen Abteilungen auf der anderen Seite zogen; der Troß wurde von Känen gebildet, die auf der Donau abwärts trieben.

Weil aber eine Viehseuche den Großteil der Pferde hinwegraffte, mußte Karl den Feldzug aufgeben und es wurde in den bereits eroberten Gebieten die 'pannonische Mark' eingerichtet. Erst vier Jahre später gelang es Markgraf Erich, der die inneren Streitigkeiten der Awaren nutzte, einige Ringe zu erobern. Was er da fand, war immens. Erich brauchte 15 Ochsenkarren, um all die Schätze in Richtung Aachen abzutransportieren.

Karl hatte keine Schwierigkeiten damit, den größten Teil des eroberten Schatzes innerhalb kurzer Zeit wieder auszugeben. Das meiste wurde den Markgrafen, den Adelsfamilien, der Kirche und den Armen geschenkt. Der Goldpreis fiel in dieser Zeit stark ab.

Die besiegten Awaren wurden nun von ihren Knechten, den Slawen unterjocht. Viele flohen in christliche Gebiete und ließen sich taufen. Karl war nicht daran interessiert, die eroberten Gebiete fremder Herkunft in das Reich einzugliedern. Sie sollten nur tributpflichtig und Christen werden, was sich später unter den Ottonen änderte.


Die karolingische Renaissance

Karl bemühte sich besonders, sein Latein zu verbessern. Die Grundlage war das klassische Latein von Caesar und Cicero. Er übte die Vokabeln, zitierte lange Passagen aus den Biographien der römischen Kaiser, und er versuchte mit Hilfe einer Wachstafel das Schreiben zu lernen.


Aachen, das zweite Rom

Karl wählte Aachen zu seiner dauerhaften Kaiserresidenz. (In ganz Europa wurde die Bezeichnung Aachens als 'neues Rom' als eine unglaubliche Vermessenheit angesehen.)

Der Standort ergab sich aus:

- der Lage unweit des Rheins, von woaus die gefährdeten Orte des Reiches besser mit Lasten und Kriegsgerät zu erreichen waren,

- die umliegenden Wälder sollten wildreich sein, um die Adligen bei Laune zu halten

- der dort wohnende Adel sollte königstreu sein

- alle Einwohner sollten fränkischen Geblüts sein.

- den entscheidenden Unterschied machten aber die heißen Quellen. in Aachen, die auch gegen Rheuma und Gicht halfen, denn Karl war ein leidenschaftlicher Schwimmer.

Im Verlauf der Bauarbeiten, in denen die Kaiserresidenz angelegt wurde, kam es zur Unterschlagung von Geld und Baumaterial, was zu erheblichen Verzögerungen der Arbeiten führte.

Odo war der Baumeister der Kaiserresidenz und war mit der Aachener Pfalzkapelle betraut, was damals als ein Monumentalbau galt. Das Vorbild der Pfalzkapelle war die Hofkirche des oströmischen Kaisers Justinian und der Bauplatz in Aachen war quadratisch und ein halber Kilometer lang, bzw. breit.

Die Pfalzkapelle selbst war ein achteckiger Bau, mit einer runden Kuppel versehen, die 32 Meter in die Höhe ragte. Im Verlauf der Jahrhunderte und infolge von Zerstörungen wurde der Bau immer wieder verändert und mit neuen Stilrichtungen versehen.

Die Kirche und die Königshalle wurden durch einen 133 Meter langen Gang verbunden. Auch die Königshalle war der größte Bau nördlich der Alpen, mit 47 x 19 Metern und einer Höhe von 21 Metern. Um die Königshalle herum lagen die Schule, die Bibliothek, die Archive, die Schatzkammern, Akademie der Gelehrten, und die Verwaltungsräume der Beamten. Etwas entfernt war ein Markt für die Händler und das Aachener Tiergehege.

Der Gelehrtenkreis der Aachener Hofschule:

- Einhard, der später die 'Vita Caroli' niederschrieb, ist einer der wichtigsten Vertreter des fränkischen Hofs. Seine Familie hatte ein Hofgut im Maingau, er wurde im Kloster Fulda erzogen. Von Gestalt war er klein, was ein Kontrast zu Karl darstellte. Sein Lehrer sagte einst: "Einhard, in deinem winzigen Gehäuse wohnt ein großer Geist", worauf der Spott, den er auszuhalten hatte, verstummte. Er war der beste Schreiber Karls und betreute die Hofbibliothek, deren Bestand er vermehrte.

- Theodulf, ein Westgote aus Spanien stammend, war sozusagen der Hüter der Moral, was die Geistlichkeit betraf. Er schrieb ein Büchlein für ein gottgefälliges Leben der Priester. Er war sozusagen verantwortlich, die Bibel auf die politischen Verhältnisse zu interpretieren und schrieb Bücher gegen Schmeichler und Lobredner und gegen die Richter. Er war gleichzeitig ein Königsbote, welcher die Arbeit der Richter in den Provinzen kontrollierten und dem kaiserlichen Hof in Aachen Rechenschaft abzulegen hatte. Er war auch für die Festsetzung der Ordalien zuständig, die sogenannten Gottesurteile, die vom germanischen Recht herstammten und an denen damals genausowenig gerüttelt werden durfte, wie heute etwa in der Praxis der Abtreibung.

- Paulus Diaconus war ursprünglich in Ungnade bei Karl gefallen, weil er nach der Belagerung Pavias nicht zu den Franken überlief. Er sandte Bittschriften in Versform nach Aachen, worauf Karl seinerseits sein dichterisches Genie erkannte und ebenfalls in Versform um seine Dienste werben ließ. Nach einigem Zögern und Bedingungen stimmte dieser zu. Fünf Jahre in den Diensten Karls zog es ihn jedoch wieder nach Motecassino zurück. Und Karl ließ ihn gehen, obwohl er kaum auf ihn verzichten konnte.

- Alkuin war der führende Mann des Aachener Gelehrtenkreises. Er hatte Karl auf einer Romreise kennengelernt und wurde von diesem überzeugt, ein neues Athen in Franken aufzubauen. Er übernahm die Leitung der Hofschule. Er war dort das unerreichte Vorbild: Er war ein wandelndes Lexikon und wußte immer eine Antwort. Er kannte weite Abschnitte aus den Klassikern auswendig, und er machte sich sogar die Mühe, die Bibel aus dem hebräischen Urtext ins lateinische neu zu übersetzen. Er verfaßte Lehrbücher für die Gestaltung des Unterrichts.

- Notker Balbus (der Stammler),


Die Aachener Akademie:

Dort ging es weit lockerer zu, als an der Aachener Hofschule. Die geistigen Gespräche fanden zumeist wärend der Tafelrunden Karls oder in den Aachener Thermen statt. Es waren bei der Akademie auch die Frauen, die der Verwandtschaft Karls angehörten, in den Gesprächen beteiligt.


Die Politik Karls

Die Reichsversammlung

Im Gegensatz zu den absolutistischen byzantinischen Herrschern behielten Karl und seine Vorgänger immer Kontakt zu den Untertanen. Es wurde jedes Jahr eine Reichsversammlung (Conventus generalis) abgehalten. Diese war in zwei Gruppen unterteilt, die der geistlichen und weltlichen Großen. Sie bestanden aus Bischöfen, Herzögen, Pfalzgrafen, Angehörigen der Reichsverwaltung, wie Oberschenk, Mundschenk, Seneschll, Marschall, Kämmerer und Kanzler; insgesamt mehrere hundert Menschen. Der Charakter der Versammlung war eine Erweiterung des Kreises der Ratgeber zu Hofe. Es wurden eine Reihe von Anhörungen vorgenommen, die in 'Kapitularien' mündeten.


Die Gliederung des Reiches

Insgesamt gab es im Reich ca. 300 Grafschaften, die durch die Königsboten kontrolliert wurden und sich von alten römischen oder neu eingerichteten Verwaltungsstrukturen herleiteten.

Im Verlauf seiner Regentschaft wurde Karl klar, daß er diese Struktur zugunsten einer stärkeren Regionalisierung ersetzen mußte. Er ließ die Rechtsauffassungen der Völker, die neu ins Reich eingegliedert wurden, festhalten in der 'Lex Salica', 'Lex Alamannorum', 'Lex Baiuvariorum', 'Lex Saxonum' und der 'Lex Frisionum'. Die Grafen wurden angewiesen, in jedem Prozeß nach dem jeweiligen Volksrecht zu entscheiden. Außerdem setzte er seine Söhne als Teilkönige für Italien und das Westfrankenreich ein. In Bayern wurde die Verwaltung durch zwei Präfekte geregelt.

Seine interne Macht stützte Karl auf die alte Fränkische Reichsaristokratie außerhalb seiner eigenen Familie. Sie bestand aus ca. 30 meist karolingischen Adelsfamilien.


Karls Beziehungen zum Orient

Harun ar Raschid war der Kalif von Bagdad. Er war als gewalttätig bekannt, war aber auch ein bedeutender Städtebauer, Mäzen der Künste und der Medizin. Karl schickte eine Abordnung zweier Getreuen in Begleitung eines jüdischen Kaufmanns auf die Reise in den Orient. Die Abordnung wurde durch eine Seuche vernichtet, aber nach drei Jahren kam eine Nachricht, daß der Kaufmann mit kostbaren Geschenken des Kalifen in Tunis darauf wartete, dort abgeholt zu werden. Wieder ein Jahr später, traf eine arabische Abordnung in Aachen ein. Sie brachte Kostbarkeiten wie Myrrhe, Nardenöl, Heilmittel wie Salben, Balsam und Weihrauch. Das größte Geschenk war ein weißer Elefant mit dem Namen Abul Abbas, der dreiundzwanzig Kommandos ausführen konnte.

Karl revanchierte sich bei dem Kalifen mit fränkischem Tuch, spanischen Mauleseln und einer Meute Kampfhunde. In Bagdad angekommen zwang der Kalif seine Gäste die Hunde im Kampf gegen Löwen antreten zu lassen. Der Löwe starb, die Hunde überlebten und der Kalif sagte dazu: "Jetzt glaube ich, was ich über meinen Bruder Karl gehört habe. Daß er durch sein unermüdliches Streben, seinen Körper und seinen Geist zu üben, imstande ist, sich alles zu unterwerfen, was auf Erden ist." Sein Gegengeschenk waren seidene Mäntel, ein großes Zelt und eine Wasseruhr (zum Messen der Zeit).


Die Beziehungen nach England und Irland

In Irland entstanden zur Zeit Karls des Großen die Bilderhandschriften 'Book of Armagh' und 'Book of Kells'. Die iroschottischen Mönche, die in den Diensten Karls standen, hielten Kontakt mit den dortigen Äbten, besonders Alkuin stand im Austausch. Die Politischen Beziehungen spielten keine große Rolle, auch wenn Einhard sie später erwähnt.


Die Beziehungen nach Rom

Im Jahre 780 war die Überlegung Karls, mit dem byzantinischen Reich ein Bündnis zu schließen. Aufgrund der unterschiedlichen politischen Interessen Roms und Konstantinopels, bei denen es neben territorialen Fragen auch um Glaubensfragen, wie die Bilderverehrung ging, machte sich im Frankenreich Ernüchterung breit.

Schon im Jahre 787, reiften in ihm Überlegungen zu einem Glaubensauftrag, um in Europa ein christliches Reich nach eigenen Maßstäben zu stiften. Der Grund war das Konzil von Nicäa, zu dem zwar päpstliche Delegierte zugelassen wurden, aber Karl nicht persönlich eingeladen wurde und nur eine verwässerte lateinische Übersetzung bekam. Als Antwort berief er 794 eine Kirchensynode nach Frankfurt ein. Wie kontrovers die Themen in der Christenheit diskutiert wurden, zeigte sich daran, daß selbst angelsächsische und spanische Bischöfe an der Synode teilnahmen. Karl legte sich den Titel 'Herr des auserwählten Volks' zu und trat auf als Oberhaupt eines christlichen Kaiserreiches.

Als 195 Hadrian I. starb und der schwache Papst Leo III. sein Amt antrat, beschleunigten sich die Entwicklungen. Im Jahr 799 mußte der Papst nach einem Überfall in Rom nach Paderborn zu Karl fliehen. Außerdem ließ Kaiserin Irene 797 in Konstantinopel ihren Sohn blenden und machte sich zur Alleinherrscherin.

Jetzt galt es schnell zu handeln. Es war Alkuin, der engste Berater Karls, der in einem Schreiben an Karl die Initiative ergriff und ihn als 'neuen Augustus' vorschlug. Karl setzte Leo III. wieder in Rom ein und ließ ein Verfahren einleiten, das die Vorwürfe gegen ihn klären sollte. Als Karl im Jahre 800 in Rom eintraf, bekam er einen triumphalen Empfang. Die Verhandlung blieben indes ergebnislos und Karl zwang den Papst zu einem öffentlichen Reinigungseid, durch den sich der Papst, der aus einfachen Verhältnissen kam, vor der römischen Aristokratie demütigen mußte.

Kein ernstzunehmender Geschichtswissenschaftler bezweifelt, daß die Kaiserkrönung von Karl durch den Papst gewollt war; Widersprüche ergeben sich allerdings in dem Ablauf der Zeremonie: Sollte vorher zuerst die Akklamation durch das Volk stattfinden, dann die Krönung des Monarchen durch den Patriarchen und zuletzt der unterwürfige Kniefall des Patriarchen, stellte Leo als Revanche für die zuvor erfahrene Demütigung den Ablauf so um, daß zuerst die Krönung stattfand, dann die Akklamation durch das Volk und zuletzt die Proskynese durch den Papst.

Dieses Ereignis wird gewissermaßen als 'Bruchstelle' zwischen Kaisertum und Papsttum angesehen, denn wenn ein Monarch 'von Gottes Gnaden' war, dann bedeutete das zukünftig für ihn, daß er vom Gottes Volk anerkannt war, und für die Kirche bedeutete es, daß er durch Gottes Ratschluß, den dieser als Gnade durch die Hand des Patriarchen vom Rom 'austeilt', regiert.


Nachwort

Karl der Große war von tiefer Frömmigkeit geprägt, aber in allen Lebenslagen ein Mensch. Ein Mensch der aus der Situation in die er hineingeboren wurde, das Beste zugunsten seiner Mitmenschen und seines Glaubens 'herausholte'. Er hatte Humor, war milde, großzügig, fromm, hatte geschichtliches Bewußtsein und konnte, gemessen an seiner Zeit, auf Herausforderungen vergleichsweise klug und maßvoll reagieren. Das Konzept seiner Politik war nicht nur auf seinen persönlichen Nutzen angelegt, sondern reichte weit über seine Zeit hinaus. Sein(e) Nachfolger hatte(n) große Schwierigkeiten, seine Entscheidungen zu verstehen und ihre eigene Politik nach ihnen auszurichten. Interessant ist für uns, daß unrechte Kritik an seiner Politik sowohl von 'rechts' wie 'links', aber in jedem Fall vornehmlich von Menschen kommt, die nicht in der Lage sind, zu verstehen, welche Auswirkungen sein Handeln auf die Geschichte hatte, beziehungsweise zu verstehen, wo wir heute stünden, wenn es ihn nicht gegeben hätte.



Zurück zur Kultur-Hauptseite: