September 2001:
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O s a m a m a n i e

Osamamanie

Den gesunden Menschenverstand nicht verlieren:
Zwischen Beiträgen z.B. in politischen Foren, die einerseits gegenüber den Opfern des 11. Septembers Häme zeigen oder anderen, die mit dem Islam als solchem abrechnen wollen, stellt diese Fotomontage die politische Lage nach den September-Anschlägen doch recht anschaulich dar...
Bis jetzt steht nichts anderes fest: Die Vorfälle des elften Septembers erinnern von ihrer Art mehr an eine Neuauflage des Reichstagsbrands


Menschen lieben Verschwörungen. Der eine freut sich königlich, wenn die Überraschungsparty gelingt und das Geburtstagskind von den vielen Vorbereitungen wirklich nichts gemerkt hat; der andere verschlingt Spionagethriller.
Nur die langweiligen Politiker tun gerne so, als gäbe es auf der Welt überhaupt keine Verschwörungen - oder sind sie nur ständig in solche verwickelt? ... Konfrontiert man einen Politiker mit einer unerwünschten Wahrheit, so antwortet er, um die Diskussion über das Thema abzuwürgen, möglichst im Brustton der Überzeugung: "Hören Sie mir doch auf mit Ihren abstrusen Verschwörungstheorien!"

Aber manchmal gibt auch den umgekehrten Fall. Und den erleben wir derzeit gerade: Die gesamte westliche Politik stellt sich geschlossen hinter eine absurde Verschwörungstheorie bar jeder Logik und Vernunft.

Diese Theorie lautet etwa so:

"Die Anschläge von Washington und New York sind das Werk eines einzelnen bösen Mannes, der sich jenseits der Zivilisation am anderen Ende der Welt versteckt. Nur mit seinem Handy und Walkietalkie hat er, auf seinem Yak von einem Berg zum nächsten trabend, die großen Flughäfen Amerikas in allen Einzelheiten ausspioniert, die Flugsicherheit an der Ostküste der USA stundenlang lahmgelegt, eine, nein vier gleichzeitige perfekte Entführungs- und Mordoperationen sekundengenau geplant und ausführen lassen. Und das alles, ohne daß der größte und modernste Geheimdienst der Welt auch nur das kleinste bißchen gemerkt hat.
Nebenbei hat er mit Milliarden Dollar an den Börsen der Welt gegen Versicherungen und Fluglinien spekuliert, um so von dem Verbrechen zu profitieren, und außerdem noch so im Vorübergehen den Kommunikationscode des Weißen Hauses geknackt. Aber während sonst alles so perfekt war und keiner was gemerkt hat, ließen seine Leute Pässe, Abschiedsbriefe, arabischsprachige Fluganleitungen und noch diese und jene Spur offen herumliegen. Daß die Anschläge zu einem Zeitpunkt stattfanden, an dem die Weltfinanzmärkte in sich zusammenbrachen, war reiner Zufall."

Natürlich gibt es für all dies keine Beweise; selbst Tony Blair gibt zu, daß seine Fakten "vor Gericht nicht ausreichen würden" (aber wann hätten fehlende Fakten den Tony schon gestört...) - ein trauriges Dilemma.

Wenn's nicht so ernst wäre, könnte man drüber lachen. Eigentlich sollte man sich einmal ausmalen, wo das ganze noch enden könnte:
Der Spiegel bringt: "Osamas Geliebte packt aus". Bild bringt: "Osamas Geliebte zieht sich aus". Der Stern kauft aus ominösen Quellen 20 Bände "Osamas geheime Tagebücher". Und RTL stellt fest, daß Osama gar nicht mehr in Afghanistan ist, sondern von zahlreichen Zeugen in Wanne-Eickel gesehen wurde...

Neonazis ändern ihre Parolen von "zionistische" in "osamistische Weltverschwörung" um. Ein findiges Reisebüro bietet Yuppies ein Survivaltraining "Bei Osama am Dach der Welt" an. George W. Bush lernt Arabisch, um die Gedanken des Erzfeinds besser lesen zu können...
Eulenspiegel rät: In diesen rauhen Zeiten nicht den Humor verlieren - aber auch nicht den gesunden Menschenverstand! Und wenn das nächste Mal ein Politiker behauptet: "Es war Bin Laden!", dann antworten Sie einfach: "Hören Sie mir doch auf mit Ihren abstrusen Verschwörungstheorien!"

Es grüßt  Ihr Eulenspiegel


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