Januar 2004:
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Vollenden wir die Amerikanische Revolution in Europa!

Die Wahl der Europa-Kandidaten in Berlin
Der Europaparteitag der Bürgerrechtsbewegung Solidarität in Berlin zur Vorbereitung der Europawahl war von der LaRouche-Jugendbewegung geprägt. Frank Hahn berichtet.

Mitglieder der Bürgerrechtsbewegung Solidarität singen auf dem Berliner Europaparteitag Beethovens "Ode an die Freude".

Unter dem Motto "Europas Mission: Sechs Milliarden Menschen eine Zukunft bauen" fand der Europaparteitag der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) am 25. Januar in Berlin statt. Es wurden 86 Kandidaten für die Europawahlen am 13. Juni aufgestellt; angeführt wird die Liste von der Bundesvorsitzenden Helga Zepp-LaRouche, auf den Plätzen 2-4 folgen mit Alexander Pusch, Christoph Mohs und Thomas Rottmair Vertreter der jungen Generation. Auch auf den weiteren 82 Plätzen ist mindestens jeder dritte Kandidat weniger als 25 Jahre alt.

Was zieht junge Leute zur BüSo? Es ist nicht nur das konkrete Programm für eine Lösung der Wirtschaftskrise, sondern vor allem die Begeisterung, mit der in der BüSo jung und alt darangehen, endlich die unvollendeten, "liegengebliebenen" Projekte eines humanistischen, auf den Prinzipien der Menschenwürde, der Glückseligkeit und des Allgemeinwohls beruhenden Europas zu verwirklichen - ganz so, wie es seinerzeit Lessing, Mendelssohn, Schiller und Humboldt mit ihren Freunden in Frankreich, Polen, Dänemark und den anderen europäischen Ländern schon einmal versucht hatten. Sie waren dabei von ihren amerikanischen Freunden inspiriert worden, die mit der Revolution die erste freie, souveräne Republik der Geschichte gegründet hatten.

In dem Sinne könnte man als zweites Motto des BüSo-Europawahlkampfs sagen: Vollenden wir die Amerikanische Revolution in Europa!

Die BüSo geht mit dieser Verpflichtung gegenüber den großen Dichtern und Denkern der Vergangenheit im Herzen an die Lösung der tatsächlich gigantischen Krisen in Europa und der Welt heran. Sie ist nicht pragmatisch, realpolitisch, sie ist einfach nicht gewillt, den Zug der Weltgeschichte zu verpassen. In Zeiten außergewöhnlicher Krisen ist Pragmatismus in der Tat lebensgefährlich. Dies demonstrierte die Bundesvorsitzende der BüSo, Helga Zepp-LaRouche, in ihrer Grundsatzrede zu Beginn des Parteitages.

Sie begab sich gleich in medias res mit Friedrich Schiller: "Wir befinden uns historisch am Scheideweg, und man denkt unwillkürlich an Schillers Wallenstein-Prolog, in dem es heißt: ,Und um der Menschheit große Gegenstände, um Herrschaft und um Freiheit wird gerungen'..." Frau Zepp-LaRouche unterstrich, wie brennend notwendig die Verteidigung bzw. Herstellung von "Solidarität" im wahren christlichen Sinne in einer Lage sei, die vom "blanken Sozialdarwinismus" als logischer Ausdruck des "gescheiterten Neoliberalismus" gekennzeichnet ist. Unter Hinweis auf den bevorstehenden Kollaps des globalen Finanzsystems als Folge des nicht mehr handhabbaren US-Handelsbilanzdefizits, des Dollarkrachs und dem drohenden Platzen der verschiedenen Finanzblasen machte Frau Zepp-LaRouche unmißverständlich deutlich, vor welcher Alternative nicht nur Europa, sondern die Welt insgesamt steht: entweder Chaos und Faschismus oder ein neugeordnetes internationales Finanzsystem (Neues Bretton Woods), welches das Recht auf Entwicklung aller Menschen und Nationen garantieren kann.

Wenn die BüSo vor "Faschismus" warnt, dann ist das keine leichtfertige Platitüde. Dies machte Frau Zepp-LaRouche deutlich mit der Beschreibung des Phänomens "Synarchismus", sozusagen der gemeinsamen Mutter faschistischer, kommunistischer und anderer totalitärer Regierungsformen der letzten 200 Jahre: "Synarchisten treten immer wieder unter verschiedenen Gewändern auf, sie werden heute nicht genauso aussehen wie die Nazis, sondern sie treten mal als Juristen, mal als Manager in Erscheinung," warnte Zepp-LaRouche.

Sie wies auf die dominierende Rolle der sog. "Berater" und privater Denkfabriken hin, die überhaupt keinerlei Rechenschaftspflicht gegenüber der Bevölkerung hätten, aber zunehmend politische Entscheidungen beeinflussen oder vorgeben. Da gebe es die "liberal-konservative" Variante des sog. Bürgerkonvents von Meinhard Miegel, der Kampagne für "direkte Demokratie" und gegen die "Bevormundung des Staates" mache, während sich der eher elitäre "Konvent für Deutschland" unter Roman Herzog, Hans-Olaf Henkel und Jutta Limbach für die "Privatisierung der Politik" einsetze. Wie unabhängig der demagogische Herr Miegel wirklich sei, zeige sich daran, daß seine "Deutsche Gesellschaft für Altersvorsorge" eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Bank sei.

Diese Kreise führten einen zentralen Angriff gegen das Grundgesetz, und einer ihrer geistigen Väter sei ganz offenbar jener Arnulf Baring, der bereits im November 2002 in der FAZ unter der Überschrift "Bürger auf die Barrikaden" bedauert hatte, daß das Grundgesetz keinen Artikel 48 wie die Weimarer Verfassung enthalte, der das Regieren mit Notverordnungen erlaubte. Der Anlaß zu diesem ungeheuerlichen Ausfall des Prof. Baring sei seinerzeit auch noch Schröders Opposition gegen den Irak-Krieg gewesen, die Baring als "Entgleisung" verunglimpft hatte.

Die Antipoden europäischer Geistesgeschichte

Ohne eine historische Einordnung innerhalb der europäischen Geistesgeschichte wird man weder die Äußerungen Barings noch die Kampagnen Miegels oder Herzogs in ihrer Gefahr für die gegenwärtigen europäischen Verfassungen verstehen können. Deshalb ging Frau Zepp-LaRouche ausführlich auf die beiden diametral entgegengesetzten politischen und philosophischen Denktraditionen ein, welche die europäische Geistesgeschichte bestimmt hätten. Sie wählte als Ausgangspunkt Schillers Aufsatz Solon und Lykurg. Der Historiker Schiller habe dort mit der Verfassung Spartas das oligarchische Modell einer Gesellschaft beschrieben, in der eine kleine Elite die Bevölkerung wie Vieh behandle; "Brot und Spiele" habe es im alten Rom geheißen - und wie sieht es heute aus?

"Nehmen wir das Beispiel einer armen Kassiererin, die bei Wal-Mart ausgebeutet wird und abends zuhause sich nur noch durch billige und banale Unterhaltung bei RTL ablenkt. Sie mag ihren Zustand der geistigen Versklavung gar nicht als solchen empfinden, weil sie genauso wie die Menschen in Platons berühmtem Höhlengleichnis gefangen ist in der sinnlichen Wahrnehmung der äußeren Welt. Aber Platon hatte eben gezeigt, daß die Sinne uns täuschen und wir nur die Schatten der wirklichen Welt wahrnehmen."

Diesem Modell einer oligarchischen Gesellschaft, in welcher dem Menschen die Fähigkeit zur Vernunft abgesprochen werde, stellte Frau Zepp-LaRouche mit Schiller die Verfassung des Solon gegenüber: das Ziel der Menschheit sei Fortschreitung. Genauso hätten Platon, Augustinus und Nicolaus Cusanus gedacht, deren Ideen schließlich zur Gründung souveräner Staaten geführt habe. Und eben diese platonisch-augustinische Idee, daß der Mensch grundsätzlich fähig sei, seine kognitiven Fähigkeiten auszubilden und demgemäß die Gesetze hinter der Entwicklung des Universums zu erkennen, sei von Anbeginn ebenso fest in der europäischen Geistestradition verankert gewesen wie das oligarchische Modell.

Frau Zepp-LaRouche hob in diesem Zusammenhang das geniale Vertragswerk des Westfälischen Friedens von 1648 hervor, in dem es hieß: "Alle Außenpolitik müsse auf dem Prinzip der Liebe basieren und die Entwicklung des Anderen zum Ziel haben. Dies ist der Beginn des modernen Völkerrechts und Europas einzigartiger Beitrag zur politischen Ideengeschichte," so Zepp-LaRouche.

Die amerikanische Verfassung habe dann zum ersten Mal in der Geschichte die Verwirklichung des Allgemeinwohls in den Mittelpunkt gestellt; und die erste Nationalbank der USA unter Alexander Hamilton habe dieses Prinzip umgesetzt, indem die Abhängigkeit des Staates von privaten Kreditgebern beendet worden sei. Obwohl die Ideen der Amerikanischen Revolution aus Europa gekommen seien, scheiterte der Versuch in Europa, eine Verfassung nach amerikanischem Vorbild einzurichten, an den politischen Gegenoperation des Britischen Empires in Person Lord Shelburnes.

Frau Zepp-LaRouche ging dann noch kurz auf die deutsche Verfassungsgeschichte ein: Nach den Napoleonischen Kriegen hätten Wilhelm von Humboldt und Freiherr vom Stein versucht, ganz im Sinne des Westfälischen Friedens und der amerikanischen Verfassung eine deutsche Verfassung zu entwickeln. Deutschland sollte nach Humboldts Vorstellungen seine Identität nicht in der Verteidigung gegen Frankreich suchen, sondern vielmehr "frei und stark ein eigenes Selbstgefühl entwickeln, um auf Basis einer ruhigen und ungestörten Nationalentwicklung eine wohltätige Rolle in der Mitte Europas auszuüben". Leider sei Deutschland aber nicht unter den Idealen Schillers und Humboldts vereinigt worden, sondern unter Bismarck, und zwar als Folge des Krieges gegen Frankreich.

"Insofern war die Grundlegung der deutsch-französischen Freundschaft durch Adenauer und de Gaulle ein genialer Schritt, der vor dem historischen Hintergrund gar nicht selbstverständlich war," betonte Frau Zepp-LaRouche. Die Weiterentwicklung dieser Freundschaft müsse im Mittelpunkt einer Vision für die europäische Politik stehen, so Frau Zepp-LaRouche. Frankreich und Deutschland müßten gemeinsam mit Rußland und China durch den Bau von Großprojekten wie der Eurasischen Landbrücke oder gemeinsamer Raumfahrtprogramme sowie einer "biologischen Verteidigungsinitiative" gegen die Ausbreitung verheerender Seuchen dem eurasischen Kontinent eine Friedensperspektive geben. Unter einem amerikanischen Präsidenten LaRouche gebe es die Möglichkeit der friedlichen Kooperation Eurasiens mit den USA. Mit dieser Vision führe die BüSo den Europawahlkampf.

Stimmen aus Europa

Die humanistische Aufgabe Europas wurde in den Beiträgen des Vorsitzenden der französischen Schwesterpartei der BüSo, Solidarité et Progrès, Jacques Cheminade sowie des Vorsitzenden des dänischen Schiller-Instituts Poul Rasmussen weiter ausgeführt. Cheminade erinnerte nochmals an die großen Reden de Gaulles, der vom Bau der europäischen Freiheit in der Tradition des großen Kathedralenbaus gesprochen habe. De Gaulle wollte von Anfang an, daß die "europäische Kathedrale" groß genug und offen für alle sei - in diesem Sinne forderte Cheminade den Ausbau der "europäischen Kathedrale" vom Atlantik bis zum Chinesischen Meer.

Poul Rasmussen prägte ein anderes Bild für das Band, welches Europa verbindet: Die Brücke über den Fehmarnbelt solle nun schleunigst gebaut werden. Zum Thema der geistigen Brücke zwischen Dänemark und Deutschland berichtete Rasmussen von faszinierenden Neuigkeiten aus einem historischen Forschungsprojekt über die "Goldene Zeit" Kopenhagens zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Friedrich Schiller wurde bekanntermaßen von seinen dänischen Freunden jahrelang finanziell unterstützt, aber weniger bekannt ist, daß August v. Hennings als Erster Sekretär der dänischen Botschaft in Berlin die Freundschaft Moses Mendelssohns gewonnen hatte. So geriet Hennings in den Kreis jener deutsch-schweizerisch-dänischen Gelehrten, welche die Amerikanische Revolution unterstützten, ja er selbst wollte Dänemark in eine Republik nach amerikanischem Vorbild verwandeln und half z.B. Lafayette und seiner Familie nach der Rückkehr aus dem amerikanischen Befreiungskampf und der Gefangenschaft in Österreich.

Aus diesen kurzen Anmerkungen wird eines ersichtlich: Die BüSo ist mehr als eine "normale Partei"! Wie gesagt, sie will die unvollendeten Projekte des platonisch-christlichen Humanismus aus der europäischen Geschichte endlich verwirklichen: die Verfassungs- und Völkerrechtsideen von Solon über Leibniz bis zu Schiller und Humboldt müssen heute, hier und jetzt, politische Wirklichkeit werden, damit Europa die Grauen des 20. Jahrhunderts hinter sich läßt und das 21. zu einem Jahrhundert des Friedens, der Gerechtigkeit und einer neuen Renaissance macht. Im selben Geist führt Lyndon LaRouche seinen Wahlkampf in den USA; er erinnert die Amerikaner an ihre bessere Tradition, an die Ideen Franklins, Lincolns, Roosevelts, die über jene der neokonservativen Kriegspartei triumphieren müssen.

Die Leibnizsche Tradition in Europa und die Tradition Franklins in Amerika sind identisch - nicht zuletzt habe sich Franklin auf seiner Deutschlandreise 1765 intensiv mit Leibnizschen Manuskripten zum Thema "Glückseligkeit" auseinandergesetzt. Frau Zepp-LaRouche schlug deshalb vor, das Streben nach Glückseligkeit als unveräußerliches Menschenrecht in das Europaprogramm der BüSo aufzunehmen. Leibniz hatte darunter nicht einfach "Glück" verstanden, sondern die Freude an der geistigen Selbstvervollkommnung, sowohl der eigenen wie der anderer.

Um der Mehrheit der Nörgler unter dem deutschen Volk des Jahres 2004 gleich das Wasser abzugraben: Die BüSo will nicht "zurück in die Vergangenheit". Die Vergangenheit hat im eigentlichen Sinn nämlich noch gar nicht stattgefunden, d.h. die besten Ideen unserer Vorväter sind bis heute nicht realisiert worden. Welch ein spannender und faszinierender Auftrag also an uns, damit nun endlich anzufangen.

Die BüSo-Jugendbewegung

Daß die BüSo eine Brücke direkt aus lebendiger Vergangenheit in die Zukunft baut, zeigte sich für jedermann an den kurzen Wortbeiträgen der BüSo-Jugendbewegung (international auch LaRouche-Jugendbewegung genannt). Vier Vertreter der jungen Generation stellten ihre Visionen des künftigen Europas vor. Christophe Paquien aus Frankreich rief die Deutschen "zur Hilfe" auf - und zwar um die Fehler der französischen Geschichte (von Voltaire und Rousseau über die französische Revolution bis zu Napoleon) zu korrigieren! "Europa muß eine Einheit finden - dann ist alles möglich," war sein Motto.

Alexander Pusch aus Berlin beschäftigte sich mit der Frage des historischen Phasenwandels von einem System in ein anderes, vergleichbar dem Rütteln und Wackeln eines Flugzeugs kurz vor der Schallmauer. Man könne sich als junger Mensch darüber beklagen, in ein "finsteres Zeitalter" hineingeboren zu sein. Desto mehr sei beherztes Handeln für den Bau der Zukunft notwendig, und Pusch stellte das Motto Martin Luther Kings den Verzagten entgegen: "Im Dunkeln sind die Sterne am besten zu sehen".

Elodie Viennot aus Frankreich stellte einen sehr persönlichen biographischen Abriß LaRouches vor, dessen Universalgenie die junge Generation inspiriere. Zum Schluß sprach Petra Karlsson aus Schweden: sie entwarf ein Bild der Welt in 50-100 Jahren mit Wissenschaftlerkolonien auf dem Mars und einer niemals endenden Renaissance.

Daß es die Jugend ernst meint mit der Renaissance, demonstrierte sie durch Gesangsdarbietungen: Bachs Motette Jesu, meine Freude sowie Beethovens Ode an die Freude waren die Höhepunkte ihres Repertoires. Dies war natürlich ungemein mitreißend für alle Anwesenden - und es gab einen Vorgeschmack auf einen höchst ungewöhnlichen Europawahlkampf. Die BüSo wird ihn nämlich nutzen, um etwas in die Bevölkerung hineinzutragen, was am meisten fehlt: Optimismus und einen kämpferischen Glauben an das Gute im Menschen.


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