Kasia Kruczkowski und Kai-Uwe-Ducke spielten die Szene aus Schillers „Wilhelm Tell“, in der Berta von Bruneck Ulrich von Rudenz dafür gewinnt, das Volk der Schweizer gegen die Habsburger und ihre Vögte zu verteidigen.
Zur Veranstaltung wurde gemeinsam von der hessischen BüSo und vom Schiller-Institut eingeladen.
Am 10. November 2007 feierten die Gründerin und Präsidentin des Schiller-Institutes Helga Zepp-LaRouche, die Bürgerrechtsheldin und Vizepräsidentin des Schiller-Institutes Amelia Boynton Robinson, Mitglieder der hessischen Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo), eine Delegation der LaRouche-Jugendbewegung (LYM) aus Berlin und Essen sowie Freunde des Schiller-Institutes und der BüSo in Frankfurt den 248. Geburtstag des Historikers, Dramenschreibers, Dichters der Freiheit und Genies Friedrich Schiller.
Die Mitglieder der LYM befanden sich schon einige Tage vor der Veranstaltung in Frankfurt, um einerseits die Bevölkerung auf die Veranstaltung aufmerksam zu machen und andererseits „frischen Wind“ an die Universität zu bringen. Da Frankfurt die Geburtstadt des „Schürzenjägers“ Goethe ist, nutzten wir ein Zitat von James Fenimore Cooper über Schiller und Goethe - „Der vorherrschende Geschmack und die Laune der Mode kann jederzeit einen Goethe hervorbringen, aber nur Gott erschafft Männer wie Schiller“ -, um von den Frankfurtern eine Reaktion zu provozieren. Diese Reaktion ließ natürlich nicht lange aus sich warten. Diejenigen, die mit den Namen von Schiller und Goethe noch etwas anfangen konnten, sahen sich sofort veranlaßt, „ihren“ Goethe verteidigen zu müssen. Wenn man ihnen dann aber verständlich machen konnte, daß es nur Friedrich Schiller war, der die Ereignisse der französischen Revolution, die Oligarchie und die Menschheit an sich vollends verstanden hat, wurde ihnen ziemlich schnell klar, daß Goethe einige Sachen nicht so gut verstanden hatte und seine Idee von einer gesellschaftlichen Weitereinwicklung, um die Menschen von den „mentalen Ketten“ des Feudalismus zu befreien, zumindest nicht vollständig entwickelt war. Sobald dies verstanden war, wurde den meisten auch die Bedeutung Friedrich Schillers für die heutige Zeit bewußt.
Als wir mit unserem Chor am Rande eines Wochenmarkts Friedrich Schillers „Ode an die Freude“ vortrugen, vom Dichter höchstselbst dirigiert, blieben die Passanten stehen und klatschten. Einer war so begeistert, daß er nach eine Weile mit einer Tüte Gebäck zurückkam und meinte, dies sei das Lieblingsgebäck Goethes gewesen, und da Goethe der Freund Schillers war, sei dieses Gebäck als Geschenk für unsere chorale Darbietung angemessen.
Friedrich Schiller und der Marquis de Lafayette haben es sich natürlich nicht nehmen lassen, mit ihrem Chor die Hörsäle und Mensen der Frankfurter Universität zu besuchen. Die Studenten waren in der Regel sehr begeistert. Aber in tieferen Gesprächen wurde sehr schnell klar, was an den Unis von heute los ist. Auch wenn sich gerade die Universität Frankfurt auf die Fahne schreibt, die „Goethe-Universität“ zu sein, ist auch dies mehr Schein als Sein, die meisten Studenten kennen Goethe nur vom Namen und haben überhaupt keine Ahnung von dem historischen Kontext, in dem die Freundschaft von Schiller und Goethe situiert war. Sie wissen gar nicht, daß der Kampf, den Schiller im Deutschland der französischen Revolution geführt hat, „von den großen Gegenständen der Menschheit“ handelte, und daß dieser Kampf nicht irgendwie mystischerweise beendet wurde, sondern heute mit der Endphase der Globalisierung und dem hyperinflationären Bankrott des Weltfinanzsystems genauso aktuell ist wie zu Schillers Zeiten.
Deshalb ist es um so trauriger, daß die meisten Studenten ihre Zeit als Brotgelehrte - wenn sie wenigstens das sind - mit ihren „Freunden“ auf StudiVZ, MySpace und anderen Webseiten oder „Chaträumen“ verschwenden, anstatt ihre Zukunft und die Zukunft der nächsten Generationen in die eigene Hand zu nehmen. Die meisten Studenten leben in einer virtuellen Welt, in der sie Freundschaften mit anderen „Cyberspacern“ schließen, die die gleiche Musik hören, die gleichen Klamotten tragen, allgemein die gleichen Vorlieben haben. Wenn man diesen Vorlieben nicht entspricht, wird einem die Freundschaft gekündigt. Über dieses virtuelle Kastensystem, welches dann in der Gesellschaft, wenn der Computer mal nicht dabei ist, genauso funktioniert, definieren die Jugendlichen ihre Identität.
Spricht man dann diese Jugendlichen auf diese „Pseudoidentitäten“ an, haben sie eigentlich nicht viel dazu zu sagen. Sie versuchen, sich und ihre MySpacefreunde mit der Bemerkung, „Wir machen die dreckigen Sachen nicht, wir chatten nur“, zu verteidigen, aber ihnen wird ziemlich klar, das sie im mindesten handlungsunfähig gemacht werden und jeglichen Bezug zur Realität verlieren.
Uns ist klar geworden, daß diese Idee, eine ganze Generation von Robotern und Selbstmordattentätern heranzuziehen, genau das Ziel der Finanzinteressen ist, und daß diese junge, sich in der Zerstörung befindliche Generation jetzt in dieser Zusammenbruchskrise Führung übernehmen muß. Deshalb muß der „Cyberkult“ von Rupert Murdoch und seinesgleichen zerstört und durch eine klassische Kultur der Renaissance ersetzt werden.
Genau an dieser Stelle kommt dann Friedrich Schiller ins Spiel. Seine Idee war es, das Menschengeschlecht zu erziehen, vor allem die Erziehung des Empfindungsvermögens als ein notwendiges Werkzeug, um eine wahre menschliche und politische Freiheit aufbauen zu können.
Die Feier wurde durch Helga Zepp-LaRouche eröffnet und moderiert. Sie ging in der Eröffnungsrede darauf ein, daß Schiller von der Zeit der französischen Revolution enttäuscht war, denn „ein großer Augenblick hatte [nur] ein kleines Geschlecht gefunden“, so daß er sich für die Zeit danach nur noch von der Veredelung der Menschen eine positive politische Veränderung erhoffte. Die Ausbildung des Empfindungsvermögens sei eine notwendige Bedingung zur Fortschreitung der Menschheit.
Schon in der „Schaubühne als moralische Anstalt“ hatte Schiller geschrieben, daß die großen Themen der Menschheit - der Kampf um die (europäische) Freiheit - auf die Bühne gebracht werden sollen, um die Zuschauer zu der Frage an sich selber zu provozieren: „Wie würde ich in dieser Situation handeln?“ Schiller schreibt auch, daß die edleren Teile der Bevölkerung die Wahrheit ganz erfassen werden, wobei sich Strahlen von einzelnen Begriffen auf die ganze Gesellschaft ausbreiten werden. Die ganze Entwicklung Schillers kann nur im Kontext der amerikanischen Revolution und seinem historischen Verständnis, sowie seiner Bewunderung dieser wahren Revolution verstanden werden. So ist der Rütlischwur im Wilhelm Tell mit dem Satz „ Eine Grenze hat Tyrannenmacht“ eine eindeutige Anspielung auf die Unabhängigkeitserklärung der USA, in der es heißt: „Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich, daß alle Menschen gleich erschaffen wurden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, zu denen das Leben, die Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit gehören.“
Des weiteren ging Frau LaRouche auch auf die Feiern anläßlich der Schillerschen Geburts- und Todestage ein. Diese Feiern fanden vor allem 1859 und 1905 auf beiden Seiten des Atlantiks statt. In den USA wurden diese Veranstaltungen von deutschen Auswanderern organisiert, und sie beinhalteten Aufführungen verschiedener Dramen.
Speziell bezog sie sich auf eine Rede von William Cullen Bryant, die anläßlich der Schillerfeier im Jahr 1859 in New York verlesen wurde. Bryant sagte: „Wir sollten in diesem Land ebenso Schiller als den Dichter der Freiheit ehren. Er war jemand, der, wenn er überhaupt etwas dem Auge sichtbares anbeten müsse, der Freiheit einen Altar errichtete, und an ihm jeden Morgen und Abend seine Ehrerbietung erbrächte. Schiller begann zu schreiben, als unser Land mit Großbritannien im Krieg um die Unabhängigkeit begriffen war, und sein Genie kam zur männlichen Reife, als wir gerade mit unserem mächtigen Gegner den Frieden geschlossen hatten und als eigenständige Nation etabliert waren.“
Es ist diese Idee der amerikanischen Revolution und der Freiheit der Menschheit, die Schiller so gefährlich für das oligarchische System machte, daß seine Werke immer wieder totalitären Regimen zum Opfer fielen. So verbot z. B. Herman Göring alle Aufführungen von Schillers Tell, weil er (vermutlich) Angst hatte, die Bevölkerung könnte sich ein Beispiel nehmen und sich gegen den Tyrannen auflehnen. Dies macht es wiederum deutlich, wie wichtig es ist, Schillers Ideen für die heutige junge Generation am Leben zu erhalten. Frau LaRouche war begeistert darüber, daß es vor allem Jugendliche der LYM waren, die sich für dieses Schillerfest mit dem Drama Wilhelm Tell auseinander gesetzt hatten.
Die Feier wurde von Dvoraks Sonatine in G-Dur für Geige und Klavier begleitet. Es wurde der 1., 2. und 4. Satz gespielt und das Publikum wurde darauf aufmerksam gemacht, daß Dvorak für einige Zeit in den U.S.A. gelebt hatte und dort die Musik der eingeborenen amerikanischen Bevölkerung in seine Kompositionen eingewoben hatte.
Die Veranstaltung wurde vom Chor der LaRouche-Jugendbewegung mit Beethovens Vertonung der „Ode an die Freude“ eröffnet, und der erste Teil des Festes widmete sich den „großen Gegenständen der Menschheit“. Drei Mitglieder der LYM präsentierten die Früchte ihrer Arbeit an Schillers „Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen“, wobei sie besonders auf den 4., 8., und 10. der 27 Briefe eingingen. Schiller beschreibt in diesen Briefen, wie man durch die Schönheit, durch eine schöne Kultur, das Empfindungsvermögen der Menschen ausbilden und dadurch erreichen kann, daß sich wahre Staatsbürger und Nationen entwickeln können. Diese Idee wurde der momentanen Jugendkultur - die eine eigene Identität verbietet - gegenübergestellt. Dann wurde zum Thema „Wilhelm Tell und die Amerikanischen Revolution“ übergeleitet. Das „Sennenlied“ und das „Schützenlied“ wurden mit Klavierbegleitung vorgetragen, und zwei Mitglieder der Jugendbewegung spielten die zweite Szene im dritten Aufzug zwischen Bertha und Rudenz aus dem „Wilhelm Tell“. Auch Tells Monolog aus dem vierten Aufzug wurde gegeben.
Nach einer kurzen Pause, in der angeregte Diskussionen stattfanden, ging es um die Thematik „Fortschreitung - ein Menschenrecht“. Es wurden Beiträge aus Schillers Schriften Die Gesetzgebung des Lykurgus und Solon und Die Geschichte des Abfalls der Niederlande präsentiert, wobei immer wieder das Augenmerk auf die heutige politische und gesellschaftliche Situation gerichtet wurde. Dabei kamen des öfteren Bemerkungen wie, „Das ist ja wie heute“, aus dem Publikum. Es ist Schillers Verständnis der Geschichte, das uns durch das Studium seiner Werke ermöglichen sollte, aktiv in den geschichtlichen Prozeß einzugreifen und die von Schiller angestrebte Veränderung zum Positiven zu ermöglichen.
Des weiteren wurde über die Freundschaft zwischen Schiller und Wilhelm von Humboldt berichtet. Für viele der Anwesenden eröffnete dieser Beitrag eine andere Sichtweise auf die „Erben“ Friedrich Schillers. So war Humboldt so überzeugt von Schillers Idee der Veredelung der Menschen, daß er seinen Posten als Bildungsminister nutzte, um ein Schulsystem zu schaffen, welches genau dieses Menschenbild Friedrich Schillers umsetzen sollte.
Ein Höhepunkt der gesamten Feier war eine deutsch-amerikanische Rezitation des Gedichtes Sehnsucht. Diese Rezitationen durch Amelia Boynton Robinson und Helga Zepp-LaRouche standen ganz in der Tradition der Schillerfeste in Deutschland und der „neuen Welt“ und zollten Friedrich Schiller die Ehre, die er verdient.
Sehnsucht
Ach, aus dieses Thales Gründen,
Die der kalte Nebel drückt,
Könnt' ich doch den Ausgang finden,
Ach, wie fühlt' ich mich beglückt!
Dort erblick' ich schöne Hügel,
Ewig jung und ewig grün!
Hätt' ich Schwingen, hätt' ich Flügel,
Nach den Hügeln zög' ich hin.
Harmonien hör' ich klingen,
Töne süßer Himmelsruh,
Und die leichten Winde bringen
Mir der Düfte Balsam zu.
Goldne Früchte seh' ich glühen,
Winkend zwischen dunkelm Laub,
Und die Blumen, die dort blühen,
Werden keines Winters Raub.
Ach, wie schön muß sich's ergehen
Dort im ew'gen Sonnenschein!
Und die Luft auf jenen Höhen -
O, wie labend muß sie sein!
Doch mir wehrt des Stromes Toben,
Der ergrimmt dazwischen braust;
Seine Wellen sind gehoben,
Daß die Seele mir ergraust.
Einen Nachen seh' ich schwanken,
Aber, ach! der Fährmann fehlt.
Frisch hinein und ohne Wanken!
Seine Segel sind beseelt.
Du muß glauben, du mußt wagen,
Denn die Götter leihn kein Pfand;
Nur ein Wunder kann dich tragen
In das schöne Wunderland.
Nachdem das Gedicht Die Hoffnung vorgetragen worden war, wurde durch zwei verschiedene Vertonungen des selben Gedichtes durch Franz Schubert verdeutlicht, daß Schiller viele Freunde hatte, die das gleiche Ziel wie er - republikanische Verfassungen in Europa- anstrebten.
Das Ende der Veranstaltung wurde durch Rezitationen der Gedichte Die Kraniche des Ibykus und Der Ring des Polykrates eingeläutet und durch den Chor der LYM beschlossen.
Wir hoffen, daß die Leser der Neuen Solidarität durch diesen Einblick in Schillers Werke und seine großen Ideen für die Menschheit dazu animiert werden, sich weiter mit diesem großen Mann der Weltgeschichte auseinander zu setzen, und es Ihnen leichter fällt, sich unserer Bewegung anzuschließen. Es sind Menschen wie Friedrich Schiller und seine Kreise, die die Geschichte verändern. Eine Veränderung fällt nicht vom Himmel, während man bei MySpace chattet oder vorm Fernseher Chips ißt.
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