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Vieles, was man heute mit den Grünen verbindet - trotz aller Kritik an der "Realpolitik", die auf das Konto der Grünen geht - spiegelt ein von Medien aufbereitetes Idealbild wider, das der Realität widerspricht. Dr. Helmut Böttiger rührt an diesen Mythos und untersucht die Wurzeln einer Bewegung, die bis in den "vulgärpolitischen" Zweig der APO reichen und von der die Politik der Grünen nur einen parlamentarischen Ableger darstellt.
Hinter der Entwicklung der Grünen, die wir zunächst skizzieren, um sie dem Leser wieder in Erinnerung zu rufen, steckt das Konzept, die Bevölkerung auf eine von langer Hand geplante Notlage vorzubereiten. Die Vorstellungen dazu und die bewußtseinsverändernden Mittel wurden noch früher ausgedacht. Darüber sollte sich niemand hinwegtäuschen, der den gegenwärtigen Niedergang der produzierenden Wirtschaft in Deutschland und im gesamten Westen beklagt und sich in der Hoffnung auf den angekündigten baldigen Aufschwung und die positive Wirkung der "Reformen" anschickt, freiwillig den Gürtel enger zu schnallen.
Niemand leugnet, selbst die Grünen nicht, daß die grüne Bewegung die Fortsetzung des mit der Studentenrevolte der sogenannten "68er" und ihrer außerparlamentarischen Opposition, der APO, offenkundig gewordenen Wertewandels der Gesellschaft ist. Daraus leiten viele den Glauben ab, daß es sich bei den "systemkritischen" Grünen um eine Alternative zur etablierten Politik handele. Seit Beginn der Industrialisierung in Deutschland und anderswo gab es industriekritische Heimat-, Lebens- und Naturschutzorganisationen. Ihrem Denken liegt die Hoffnung zugrunde, alles könne so bleiben, wie es ist, oder so werden, wie es früher einmal war.
Deren Nachkriegsüberbleibsel, Leute um Haußleitner, den Ökobauern Springmann oder auch um Olaf Dinné und den "wertkonservativen" Herbert Gruhl erkannten in der aufkommenden grünen Bewegung sogleich diesen Geist wieder und versuchten deshalb, in ihr Fuß zu fassen. Sie wurden, sobald sich die grüne Bewegung einigermaßen gefestigt hatte, möglichst unauffällig wieder ausgesondert. Als sie es mit einer eigenen konservativ-grünen Bewegung versuchten, konnten sie das Interesse der Massenmedien nicht finden und scheiterten.
Altlinke, wie z.B. W. Pohrt in seinem Beitrag "Eine Zukunft für die Vergangenheit" in Konkret vom September 1981, erkannten in der grünen Bewegung nicht ohne Grund die Rückkehr der Blut- und Bodenromantik, die sich im Nationalsozialismus mit futuristischen Elementen, vor allem futuristischen Moralvorstellungen verbunden hatten. Ihre Industriekritik wurde noch schneller vergessen als die der Naturromantiker. Doch gehen wir der Reihe nach vor. Kaum hatte sich der Staub der letzten Granaten und Bomben gelegt, wurde 1946 der heiße Krieg durch den kalten ersetzt. Die kulturell und physisch ausgehungerte deutsche Jugend stürzte sich auf alles Freiheitliche, das aus den USA kam, und bezahlte dafür mit der billigen Münze des Antikommunismus. Dieser kam auch ihren Vätern gelegen, weil er ihnen erlaubte, die katastrophal geendete Vergangenheit zu übergehen, ohne sich klar zu machen, was wirklich geschehen war.
Doch schon um 1955 holte die nicht verdaute Vergangenheit die Jungen wie die Alten wieder ein. Die Bundesrepublik sollte wiederbewaffnet werden und Hilfstruppen für eine mögliche heißere Phase des Kalten Krieges stellen, die der Koreakrieg eingeleitet hatte und die erst mit der sowjetischen Wasserstoffbombe wieder endete. Jedenfalls wurde nun ein aktives Bekenntnis zum Westen eingefordert. Altnazis fühlten sich durch diese politische Wendung bestätigt, die Masse dachte nur: "Oh Gott, nie wieder!" Erste neue Zweifel am System der westlichen Allianz regten sich und ließen alte kommunistische Zweifel wieder aufflackern, zumal sich im westlichen Ausland erste Anzeichen einer Rezession zeigten.
Die Aufrüstung wurde trotz großer Proteste auch mit Hilfe der SPD durchgesetzt. Linke und Friedensfreunde, denen es ernst mit der Sache war, begannen sich außerhalb der etablierten Parteien zu organisieren. Die Kampagne "Kampf dem Atomtod", die Ostermarschbewegung, war die erste Form einer außerparlamentarischen Opposition, in der auch mit dem Verbot ihrer Partei (1956) bedrohte Kommunisten eine politische Heimat suchten. Das erlaubte es den Medien, die Bewegung als antiwestlich und kommunistisch in Verruf zu bringen.
Im Zuge des Kalten Krieges und des McCarthyismus mußte jeder ein möglichst eindeutiges Bekenntnis zum Westen ablegen. Die SPD kam dem mit dem Godesberger Programm und dem Ausschluß radikal linker und kommunistischer Mitglieder nach. Unter den Gefeuerten war nach 1958 auch ihre Studentenorganisation, der SDS, dem Beziehungen zur kommunistischen SBZ (sowjetisch besetzten Zone) nachgesagt wurden. Der SDS (sozialistischer deutscher Studentenbund) wurde, als ihm die Partei die Mittel strich, von den gefeuerten Linken als eigenständige Organisation am Leben erhalten. Die spätestens seit KPD-Verbot (1956) und SPD-Schwenk heimatlose Linke hoffte, der Verband könnte der organisatorische Kern einer politischen Opposition werden, von der man glaubte, daß sie mit den zunehmenden Widersprüchen des Systems wieder entstehen würde. Der SDS verstand sich als "einzige verbliebene sozialistische" Organisation. Er wurde auch so verstanden und von den Medien zunächst totgeschwiegen. Seinen Kampagnen folgte anfänglich nur das bescheidene Häuflein der sieben Aufrechten. Doch das änderte sich plötzlich Mitte der 60er Jahre.
Die Vietnam-Kampagne des SDS bei wachsender Ablehnung des Vietnamkrieges durch Teile der westdeutschen Bevölkerung war wohl eher ein Vorwand für das erwachende Medieninteresse. Tatsächlich änderte sich die Einstellung der Medieninhaber. Nun wurde ausführlich über den SDS und seine verschiedenen Kampagnen berichtet, und erst das machte sie spektakulär, so daß die Kampagne gegen die Notstandsgesetze einen bis dahin nicht erlebten Zulauf bekam. Das stärkte das Image des Verbandes, und man diskutierte ausführlich über das künftige "revolutionäre Subjekt", das den "restaurierten Kapitalismus" stürzen solle. Für die "Alte Linke" konnte das nach wie vor nur die Arbeiterklasse sein. Dagegen bildete sich aufgrund neuer psychologischer und soziologischer Ideen, die vor allem aus den USA einflossen, und alten anarchistischen Ideen um Rudi Dutschke und Bernd Rabehl die Fraktion der "Neuen Linken". Sie orientierte sich vor allem an Herbert Marcuse, der Frankfurter Schule und der Situationistischen Internationale aus Frankreich.
Ihre neue Perspektive formulierte in Frankreich Alain Touraine und in den USA Daniel Bell (Commission 2000) als Konzept der sogenannten postindustriellen Gesellschaft. Nach diesen Vorstellungen würde sich die Gesellschaft "entmaterialisieren", d.h. die Güterversorgung würde eine immer geringere Rolle spielen. Bestimmender würden emotionale und geistige Bedürfnisse der Menschen und deren Befriedigung. In dieser Gesellschaft würden daher Intellektuelle, die Wissenschaft oder die kulturschaffende Phantasie der Kreativen das eigentlich revolutionäre Subjekt verkörpern.
Den Streit zwischen "Alter" und "Neuer Linken" entschied sich durch den Demonstrantentod Benno Ohnesorgs 1967 und den Schüssen auf Dutschke zugunsten der Neuen Linken. Damit waren der SDS und seine APO bei den Medien und der bundesdeutschen Schickeria "in". Die Alte Linke versuchte mit der Umgründung der KPD in DKP vergeblich am Ball zu bleiben. Die DKP verlor bei aller Anpassung oder Anbiederung mehr und mehr den "theoretischen" Anschluß. Als Bremse wirkte auch ihre enge Bindung an den kaum noch anstrebenswerten, real existierenden Sozialismus des Ostens. In dieser Situation löste sich der SDS, statt die Führung der oft bemühten "Massen" zu übernehmen, 1970 auf Initiative einiger "Führungsmitglieder" selbst auf. Die verschiedenen Strömungen der Neuen Linken Aus der Konkursmasse der vom SDS angeregten neulinken Bewegung ergaben sich vier organisatorische Tendenzen:
2. Verschiedene studentische Führer der Revolte schufen sich je eine eigene, "eigentliche" Avantgarde-Partei der Arbeiterklasse. Sie versuchten die Fehler der revisionistischen Parteien des Ostblocks durch "revitalisierende Orthodoxie" zu vermeiden und überboten sie dadurch nur. Die K-Gruppen und K-Parteien lieferten Karikaturen der einstigen Kommunistischen Parteien im Ostblock, der Maoisten in China oder Albanien. Ihre "objektive" Aufgabe war, die "links" anpolitisierte Jugend zu frustrieren und dadurch nach "rechts" der grünen Bewegung zuzuführen.
3. Die romantische Masse der weniger mobilisierten Mitläufer begann das System "in sich selbst" zu überwinden. Sie zog sich mit angelesenen Theorieversatzstücken aus Marx und Freud und deren neueren Jüngern zur Selbstverwirklichung in eine "nicht systemkonforme" Umgebung, vornehmlich in Wohngemeinschaften, zurück, um sich dort gegen den totalitären Zwang des Systems zu schützen und die innere Befreiung vom repressiven Ballast der Vergangenheit zu betreiben. "Freie Sexualität" sollte dabei eine herausragende therapeutische Rolle spielen. Um ihnen die lustfeindliche, theoretisierende "Anstrengung des Begriffs" abzunehmen, verkauften ihnen geschäftstüchtige Genossen "bewußtseinserweiternde Drogen" unbekannter Herkunft (sie waren im Gefolge Marcuses plötzlich da). Sie fanden nicht unerheblichen Anklang unter den zu frustrierenden Jugendlichen. An ihrem großen "Tu-nix-Treffen" im Dienst des "Lustprinzips" 1978 in Berlin nahmen um die 20 000 junge Menschen "Abschied vom Modell Deutschland" und schlugen den Weg in die alles andere als spaßige "Spaßgesellschaft" ein.
4. Andere Anmobilisierte, die schon von den materiellen und emotionalen Früchten genascht hatten, die politische Institutionen für das dafür empfängliche Ego bereithielten, traten auf Dutschkes Empfehlung den langen Marsch durch die Institutionen an, um das System und sich selbst von innen heraus zu verändern. Den Zugang dazu eröffneten ihnen die Nachwuchsorganisationen vor allem der SPD und FDP, aber auch die evangelischen Kirchen und dergleichen in der Zeit, als Kanzler Brandt mehr Demokratie zu wagen versprach.
Vor allem Individuen der Gruppe 3 und 4 beteiligten sich, um ihrer "revolutionären Pflicht" nachzukommen, vor Ort an Protesten gegen allerlei wirkliche oder scheinbare Behördenwillkür und halfen entsprechende Bürgerinitiativen zu gründen. Dadurch bezogen sie Bürger, die persönlich von Einzelmaßnahmen betroffen waren - etwa vom Ausbau einer Straße in der Nähe des eigenen Häuschens - , in die systemkritische Stimmung ein. Solche Bürger, zumeist aus gebildeten Schichten, suchten ohnehin schönere, im Allgemeinen verankerte Rechtfertigungen für ihre egoistischen Einwände und zeigten sich damit recht empfänglich für das politische "Unbehagen am System". Das Verbindende dieser Basisgruppen war nicht mehr eine Theorie über die Krisenhaftigkeit des Wirtschaftssystems (wie das z.B. noch bei der Stamokap-Fraktion der Jusos der Fall war). Das System wurde kritisiert, weil es "zu zweckrational", zu gewinnorientiert sei und andere berechtigte Bedürfnisse der Menschen unzureichend befriedige.
Spektakulärer und medienwirksamer war allerdings zunächst die terroristische Arbeit der ersten beiden Gruppen. Allein im Jahr 1976 kam es zu 150 Bombenanschlägen in 50 Städten der Bundesrepublik. Diese Entwicklung gipfelte in der Ermordung führender Industrievertreter in Deutschland und in mißglückten Anschlägen auf führende US-Militärs. Der Fahndungserfolg der Polizei und die wachsende Ablehnung der sinnlosen Gewalt in der Bevölkerung wurden dieser terroristischen Bewegung zur Sackgasse. Auch der breitere Ansatz, nach dem die Roten Zellen als "Feierabendguerilla" Gewalt nicht mehr gegen Personen, sondern nur noch gegen Sachen richten wollten, scheiterte wie die spektakuläre, aber perspektivlose Hausbesetzerszene, aus der der jetzige grüne Außenminister stammt. Noch 1982 kam es zu 132 Bombenanschlägen von etwa 100 dezentralen Zellen.
Ursprünglich hatten sich Wyhler Winzer gegen die Anlage gewehrt, weil man ihnen eingeredet hatte, die Nebelschwaden aus den Kühltürmen könnten der Qualität ihres Weins schaden. Doch bald schlossen sich noch verschiedene andere Gruppen der "Schlacht um Wyhl" an. Dazu gehörten von der SPD und ihren neuen Sparmaßnahmen Enttäuschte, Anarchisten und Aktivisten der K-Gruppen, die in der Ablehnung von Kernkraftwerken eine "antikapitalistische Rebellion" vermuteten, und diejenigen, die sich an die "revolutionäre Pflicht" ihres Selbstbefreiungsprogramms erinnerten. Sie nahmen den Winzern bald das Heft aus der Hand. Man fühlte sich an die alten kämpferischen Tage von 1969 erinnert und wurde noch bestärkt, als das Verwaltungsgericht der Bauplatzbesetzung recht gab und 1975 den Baustopp in Wyhl verhängte. Der ersten erfolgreichen "Bauplatzbesetzung" gegen großtechnische Vorhaben sollten bald weitere folgen. Der "Sieg von Wyhl" verhalf der Antiatombewegung, die sich als systemverändernde Initiative verstand, zum Durchbruch.
Es folgten die Schlachten von Brokdorf und Grohnde, an denen sich zur Freude der Medien bereits viel Bundesprominenz - z.B. Eppler (SPD), Gruhl (CDU) und allerlei "Künstler" - beteiligte. Der Höhepunkt war im "heißen Sommer" 1977 überschritten. Die Gewalttätigkeit stieß viele Menschen ab, wenn die Medien auch die Schuld daran auf die "prügelnde Polizei" abzuwälzen versuchten. Um die Menschen in ihrer aufkeimenden "Betroffenheit" nicht abzustoßen, proklamierten die Gemäßigten eine Strategie der "Gewaltlosigkeit", hatten aber weiterhin volles Verständnis für diejenigen, welche glaubten, ihre verhärtete Psyche nur durch gewalttätigen politischen Kampf aufsprengen zu können.
Im Gegenzug übernahmen ökologische Bürgerinitiativen die radikale Systemkritik der 68er Szene. Daraus bildete sich als Amalgam die grüne Bewegung. Der als Dachverband 1972 gegründete "Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz" BBU veröffentlichte 1977 als Programm: "Die Zielsetzung einer ökologischen Wirtschaft kann nicht durch punktuelle Einzelmaßnahmen im Bereich des technischen Umweltschutzes erreicht werden, sondern nur, wenn die Erfordernisse der Ökologie Grundlage der gesamten Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik werden". Gemäßigt sprach man von "Lebensqualität", "qualitativem Wachstum" und einer "ökologischen Kreislaufwirtschaft", zielte aber schon direkt auf den "Umbau der Industriegesellschaft" mit "natürlichen Gleichgewichten", d.h. auf eine stationäre Gesellschaft, die sich in die Kreisläufe der Natur einfügt, ohne sie zu stören.
Der Rest der Geschichte ist rasch erzählt. Im gleichen Jahr 1977 bildeten sich die ersten Kerne der Partei der Grünen "für Demokratie und Umwelt" in Niedersachsen, ein Jahr später in Berlin und Hamburg. 1979 nahm die "Sonstige politische Vereinigung - die Grünen" in Deutschland an der Europawahl teil und errang auf Anhieb 3,2% der Stimmen und 5 Millionen DM als "Wahlkampfkostenerstattung". Ab November kam es 1979/80 dann unter Mitwirkung von Leuten wie R. Bahro, H. Harich und R. Dutschke zu den ersten Parteitagen der Grünen, wo die neugegründete Partei sich auf die Grundsätze "ökologisch, sozial, gewaltfrei" festlegte.
Zwar hatten viele Grüne nach wie vor viel Verständnis für die läuternde Gewalt, doch wurde nach außen die Festlegung auf "Gewaltfreiheit" für die Bewegung sehr wichtig. Damit boten sich die Grünen der neu entstandenen Friedensbewegung als Sammelbecken an. Der NATO-Doppelbeschluß 1979 zur Stationierung von Atom-Raketen (Pershing II) in Deutschland, zu dem es ausgerechnet unter einer SPD-Regierung (Schmidt) gekommen war, hatte in Anlehnung an die frühere Kampagne gegen die Wiederbewaffnung eine leidenschaftliche, militante Friedensbewegung ausgelöst. Der Kampf gegen Atomraketen und Atomkraftwerke wurde so mit dem "Unbehagen" gegen "das System" verschmolzen und führte der grünen Bewegung nicht nur Unterstützung aus dem interessierten Osten (der alten Linken) sondern auch zahlreiche besorgte Menschen zu.
Die dritte Quelle der Grünenpartei war die neue, libertinäre Frauenbewegung. Hatte die alte Frauenbewegung vor allem für das Frauenwahlrecht gekämpft und sich für die Linderung der sozialen Frage eingesetzt, unter der Arbeiterfrauen noch mehr litten als ihre Männer, so trat die neue Bewegung vor allem für die Befreiung der weiblichen Sexualität ein und kämpfte gegen die "repressive Familienpolitik", die dem Ausleben der Sexualität Schranken auferlege. Dieser neuen Frauenbewegung hatten 1968 die sogenannten "Weiberräte" des SDS den Weg bereitet. In ihnen hatten sich die weiblichen Mitglieder zunächst gegen das aufgeblasene Theoriegehabe ihrer männlichen Genossen zusammengefunden. Doch wurden sie schon bald selbst vehemente Anhänger der Theorien Herbert Marcuses (Eros und Zivilisation) und anderer, die sie freilich in ihrem Sinne deuteten. Der Paragraph 218, der Abtreibung unter Strafe stellte, bot 1971 den Anlaß für "politische Aktivitäten". Mit der recht unweiblichen, nämlich wenig fürsorglichen Kampagne "Mein Bauch gehört mir" begann die Umerziehung der Frauen in der Öffentlichkeit. Hierbei tat sich besonders Alice Schwarzer hervor, die rasch viele Mitstreiterinnen fand, und viel weibliche Prominenz in den Medien (vgl. "die Aktion 218" der Illustrierten Der Stern). Diese Frauenbewegung trug maßgeblich zum Wahlerfolg der Grünen bei.
In der ersten Phase des Wiederaufbaus gewann das westliche System wegen der rasch steigenden Versorgung der Bevölkerung in den westlichen Industrienationen rasch die Oberhand. Der Osten fand dagegen bei den ärmeren Massen und in den führenden Kreisen der Entwicklungsländer Rückhalt, die nach einer gewissen Aufbauphase während des Zweiten Weltkrieges nun wirtschaftlich wieder an die Wand gespielt wurden. Das Establishment des Westens fühlte sich durch die wachsende Masse ärmerer und verarmender Menschen zunehmend bedroht.
Gleich zu Beginn des Kalten Krieges, 1948, veröffentlichte ein Verwandter des Geldmagnaten J.P. Morgan, Fairfield Osborn, das Buch Our Plundered Planet (Unser geplünderter Planet, dessen Titel später Herbert Gruhl aufgriff). Darin hieß es: "Das Problem der zunehmenden Bevölkerung, das vielleicht größte Problem, vor dem die Menschheit heute steht, kann nicht auf eine Weise gelöst werden, die der Idee der Menschheit entspricht." Er meinte damit, daß dies nur auf "unmenschliche" Weise geschehen könne. Das Konzept der "Überwindung der Armut durch Beseitigung der Armen" ließ sich so direkt natürlich nicht massenwirksam vermarkten.
Im gleichen Jahr erschien William Vogts Road to Survival mit einer Einleitung des Wallstreet-Spekulanten Bernhard Baruch, der auch Organisator der US-Rüstung im Ersten Weltkrieg und Präsidentenberater war. Damals wurden von führenden Persönlichkeiten des Westens weitere Organisationen wie z.B. die Vorkriegsorganisation International Planned Parenthood Federation wieder ins Leben gerufen.
1954 auf dem Höhepunkt des Koreakrieges erschien die Broschüre des einflußreichen Geschäftsmanns Hugh Moore The Population Bomb (Die Bevölkerungsbombe). Der Titel wurde während der Studentenrevolte 1968 von Paul Ehrlich erneut aufgegriffen. Von dem Buch wurden weltweit zwei Millionen Exemplare verschenkt. Einen nachweisbaren Einfluß auf die offizielle Politik hatten diese Bemühungen während des sich zuspitzenden Systemkonflikts zunächst noch nicht. Sie führten aber in den folgenden Jahren zur Bildung einer Reihe vorbereitender Gremien und Aktionszirkel, z.B. zum Population Council John D. Rockefellers, zum Office of Population Research an der Universität Princeton und zum Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen.
Offen in die Politik einzugreifen begann man mit der Antibevölkerungsidee wieder um 1957/58. Damals wurde die westliche Welt von der ersten deutlichen Wirtschaftsrezession erfaßt und trotz der allgemein verbreiteten keynesianischen Wirtschaftsregulierungen an die prinzipielle Krisenhaftigkeit der freien Marktwirtschaft erinnert. Die Elite begann eine intensive Diskussion über weitreichende Verwaltungsreformen, um eine Gesellschaftsform einzurichten, die drastische wirtschaftliche Belastungen aushalten kann. Hierbei spielten zu Beginn der 50er Jahre im Labor entwickelte Instrumente der Bewußtseinsbeeinflussung und Bewußtseinsveränderung großer Teile der Bevölkerung eine Rolle. Die Ergebnisse dieser Überlegungen flossen 1965 in das Konzept der "Great Society" unter Präsident L.B. Johnson und der "Formierten Gesellschaft" unter Ludwig Erhard ein. Es handelte sich um die ersten mißlungenen Versuche, eine stationäre postindustrielle Gesellschaft einzurichten. Sie scheiterten an der fehlenden Unterstützung durch die Bevölkerung.
Für die US-Elite war Bevölkerungspolitik vor allem Außenpolitik. Daher setzte Präsident Eisenhower 1959 General W. Draper an die Spitze der Präsidentschaftskommission zum Studium des US-Militärhilfeprogramms für Regierungen, die sich gegen "kommunistisch unterwanderte" Befreiungsbewegungen zu wehren hatten. Draper war ein bekannter, fanatischer Verfechter der Bevölkerungsreduktion. 1962 präsentierte dann der stellvertretende US-Außenminister Richard Gardner unter J.F. Kennedy vor den Vereinten Nationen die US-Politik zu "Bevölkerungswachstum und wirtschaftlicher Entwicklung". Sie folgte der Linie, die Präsident Johnson 1965 wie folgt zusammenfaßte: "Laßt uns aufgrund der Tatsache handeln, daß weniger als 5 Dollar, die in Bevölkerungskontrolle investiert werden, 100 Dollar entsprechen, die in Wirtschaftsentwicklung zu investieren wären."
Als sich die Dollar-Pfundkrise 1968 zuspitzte, und die sogenannte Studentenrevolte ihren Höhepunkt erreichte, beschäftigte die westliche Elite ein weiteres bedrohliches Nachkriegsproblem. Darüber gibt eine Schrift Auskunft, die 1967 in den USA als Iron Mountain Bericht ("Report from the Iron Mountain on the Possibility and Desirability of Peace", und 1968 auf deutsch unter dem Titel Der verdammte Frieden im List-Verlag) erschienen war. Der Text gibt vor, die Verhandlungen von 15 Spitzenkräften der US-Wirtschaft zu beschreiben, die sich 1963 nach Einsetzen der Pugwash-Bemühungen in ihrem Atombunker Iron Mountain bei New York getroffen hatten, um zu erörtern, wodurch die gesellschaftlich "stabilisierende Funktion" des "Kriegssystem" ersetzt werden könnte, wenn es einmal zwischen der UdSSR und den USA zu einem Frieden käme. "Denn das Kriegssystem ermöglicht es, in der Gesellschaft stabile Regierungen zu bilden..., weil es die Gesellschaft von außen her nötigt, politische Herrschaft zu ertragen."
Die Experten erörterten "ein breites Feld von Ersatzmöglichkeiten". Keine konnte die Experten befriedigen. Man habe sich aber, so der Bericht, auf eine "zweitbeste Lösung" geeinigt und zwar wörtlich: "Möglicherweise könnte irgendwann schwere Umweltverschmutzung als scheinbare Hauptbedrohung für das Überleben der Gattung an die Stelle der Massenvernichtung durch Atomwaffen treten..." Es würde aber zwei bis drei Generationen dauern, ehe diese Bedrohung glaubhafte Ausmaße erreichen könnte. "Wenn sich aber vorhandene Umweltschutzprogramme hinreichend aufbauschen ließen, könnte man die Bedrohung viel früher glaubhaft machen."
Genau das geschah dann auch.
Ob ein solches Treffen tatsächlich stattgefunden hat, ließ sich bisher nicht bestätigen. Es findet sich aber ein Hinweis darauf, daß derartige Diskussionen stattgefunden haben, und zwar 1991 im Bericht des 1967 gegründeten Club of Rome, in Alexander King, Bertrand Schneider, The First Global Revolution (Die erste globale Revolution). Dort ist zu lesen (auf S. 115 der engl. Ausgabe bei Pantheon Books, New York): "Auf der Suche nach einem neuen Feind, der uns [die Gesellschaft] wieder zusammenbringen könnte, kam uns die Idee, daß Umweltverschmutzung, die drohende Klimaerwärmung, Wasserknappheit, Hunger und dergleichen das gleiche leisten können." Der 1967 veröffentlichte Iron Mountain Bericht ist wohl vor allem als Signal für die verdeckt arbeitenden, politischen Kader der Massenführung zu verstehen, ihre Linie entsprechend zu ändern.
Neben vielen anderen ähnlichen Organisationen wurde 1969 Green Peace gegründet. Anläßlich des 15jährigen Bestehens dieser Organisation erschien im GP-Magazin ein Grundsatzartikel des Physikprofessors der "Wendezeit", Fritjof Capra, und des späteren Mitbegründers der ökoterroristischen Organisation Earth First, Randy Hayes, in dem es heißt: "Wir sehen den Aufstieg des ökologischen Bewußtseins als Teil eines grundlegenden Wandels der Weltsicht, die unsere Gesellschaft gegenwärtig umformt". Im Zentrum des angestrebten "Wertewandels" stehe, das "Kriegssystem", das dem alten Wertesystem zugrunde liege, durch ein neues ökologisches zu ersetzen. Im Jahre 1971, als der Organisationsname Green Peace offiziell ins Stiftungsregister eingetragen wurde, unternahm in Deutschland als erster Hans Magnus Enzensberger mit viel linker Rhetorik im Kursbuch den Versuch, die Neue Linke auf den neuen ökologischen Kurs zu bringen ("Zur Kritik der politischen Ökologie", Kursbuch 33, S. 1-42). Gleichzeitig setzte in Deutschland wie auf Kommando ein sogenannter "investigativer Umweltjournalismus" ein (insbesondere bei Stern, Spiegel und Die Zeit). Die Öffentlichkeit wurde zehn Jahre vor dem ersten Auftreten einer grünen Partei plötzlich mit Umweltschreckensmeldungen überschwemmt.
DDT hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bekämpfung gefährlicher Seuchen, wie z.B. Malaria, außerordentlich bewährt und Millionen Menschenleben gerettet. Gerade das machte das Mittel, das wesentlich wirksamer und umweltverträglicher als alle späteren Ersatzprodukte war, plötzlich bekämpfenswert. Nach einer entsprechenden Medienkampagne stimmte der Deutsche Bundestag dem von Präsident Nixon geforderten Verbot am 8. Juni 1972 ohne viel Aufhebens "einstimmig" zu.
Die Weichenstellung zu dieser Einstellung war bereits 1967 erfolgt und zwar im Militärbündnis der NATO. Damals wurde der spätere Vorsitzende des Club of Rome, Aurelio Peccei von Fiat und Olivetti, zum Vorsitzenden des Internationalen Atlantik-Instituts gewählt. In dieser Funktion unterrichtete er die politische Führungsspitze der NATO über Themen wie "Die Neuordnung der Welt und die Notwendigkeit globaler Planung". Zu eben diesem Thema richtete die NATO 1968 ein eigenes Komitee für "die Herausforderungen der modernen Gesellschaft" ein. Als Zweck gibt das Gründungsdokument an: "Das Überleben der heutigen menschlichen Gesellschaft wird gegenwärtig von einem neuen Faktor bedroht: der schnellen Verschlechterung des Globus als ökologisches System. Die weltweite ökologische Krise hat drei Komponenten: die Verstädterung, die Bevölkerungsexplosion und den zerstörerischen Eingriff der Technik des Menschen in seine physikalische und soziokulturelle Umgebung". Zusätzlich wurde am 6. November 1969 noch der "Ausschuß zur Verbesserung der Umweltbedingungen" bei der NATO eingerichtet. Die Initiative dazu war von US-Präsident Nixon (Republikaner) und speziell dessen persönlichem Berater P. Moynihan (Demokrat) ausgegangen. Zur Begründung verwies Moynihan lange vor der wissenschaftlichen Erörterung dieses Themas auf die Klimakatastrophe als Folge fossiler Energienutzung. (Ausschuß zur Verbesserung der Umweltbedingungen A 431 ab 11/69 in: Handbuch der NATO Frankfurt 1969, S. 13).
Im Jahr des DDT-Verbots fand 1972 in Stockholm die erste Umweltkonferenz der Vereinten Nationen statt, auf der die Umweltpolitik der UNO institutionalisiert (UNEP) und festgelegt wurde, ihr folgte zwei Jahre später die Bevölkerungskonferenz in Bukarest mit dem gleichen Ziel. Ebenfalls im Jahr 1972 brachte Pecceis Club of Rome seinen ersten Bericht heraus: die auf der Grundlage eines "Computermodells" erstellte Studie Grenzen des Wachstums, die trotz ihrer nur allzu offensichtlichen wissenschaftlichen Mängel millionenfach in der Welt als die neue politische Richtlinie verbreitet und von den Medien gefeiert wurde.
In Deutschland wurde im gleichen Jahr mit den nur als Kredit gewährten Geldern des alten Marshallplans der German Marshallfund of US (GMF) gegründet. Seine erklärten Ziele waren die Propagierung eben dieser neuen politischen Richtlinie, also von Umweltschutz, postindustrieller Gesellschaft, Deurbanisierung und Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungswirtschaft. Unter anderem gründete und finanzierte der GMF das Umweltinstitut in Freiburg. In den Führungsgremien saßen David Rockefeller, Armand Hammer und John McCloy. Damals begann die Regierung Brandt (auf Druck von Ehmke und Bahr) die Besteuerung von Investitionen in Produktionsstätten einzuführen.
Die amerikanische Umwelt- und Bevölkerungspolitik war nicht nur in den Entwicklungsländern umstritten. 1974 gab es unter dem Eindruck der Ölkrise in Deutschland Bestrebungen der Industrie und der Politik, wieder vom Kurs der Umweltpolitik abzurücken. Bei dieser Umweltpolitik handelt es sich, wohlgemerkt, nicht mehr um den alten Umweltschutz, wie er seit dem Reichsumweltschutzgesetz von 1935 auch nach dem Krieg recht erfolgreich betrieben wurde, um Umweltbelastungen mit technischen Mitteln zu vermeiden oder abzumildern. Mit der "umweltpolitischen Wende" von 1969 sollte vielmehr ein "weltökologisches Umweltdilemma als Schlüsselerlebnis der Grenze der gewohnten Lebens- und Wirtschaftsformen" anerkannt werden. Der seit 1970 gepredigte neue Umweltschutz dient als "Mittel, um grundlegende Änderungen in den Werten und Institutionen der Industriegesellschaft" und im Verhalten seiner Bürger durchzusetzen. Das jedenfalls betonte Peter Menke-Glückert, Staatssekretär im 1969 für Umweltpolitik zuständigen Innenministerium unter Genscher, in mehreren Memoranden.
Sein ihm gleichgestellter Mitkämpfer im selben Ministerium, Dr. Günter Hartkopf, erinnerte in einer Rede, die er am 8. Januar 1986 vor höheren Beamten des DBB in Bad Kissingen hielt, an die Behinderungen dieser Politik. "Im Verlauf der Rezession 1974 fanden die üblichen Gegner eines verbesserten Umweltschutzes, also die Wirtschaftsverbände, Gelegenheit, den Spitzen der Bundesregierung durch lautes Beklagen des sogenannten überzogenen Umweltschutzes die Mär vom 50-Milliarden-Investitionsstau glaubhaft zu machen. Die allerhöchsten Regierungsrepräsentanten schickten sich darum an, dem Umweltschutz sein Cannae zu bereiten. Am 3. Juli 1975 sollte auf Schloß Gymnich der Umweltschutz beerdigt werden. Hohe Beamten in wichtigen Ressorts, die das Buch über die Grenzen des Wachstums nicht nur gelesen, sondern auch verstanden hatten, organisierten daraufhin im Vorfeld des Treffens den Teilnehmerkreis so um, daß eine beachtliche Umweltstreitmacht den Wirtschaftsbossen gegenübergestellt wurde..."
In der gleichen Rede beschrieb Hartkopf, wie die Umweltbewegung in Deutschland überhaupt erst zustande kam: "Zur Organisation des Umweltschutzes und damit zur Unterstützung der Umweltverwaltung bedarf es einer Lobby, die außerhalb von Verwaltung und Parlament Forderungen für mehr Umweltschutz erhebt und damit in Politik und Medien gehört wird. Nachdem zu Beginn der eigentlichen bundesdeutschen Umweltpolitik eine solch potente Gegenseite nicht vorhanden war, mußte sie geschaffen werden. Es waren vorwiegend Beamte, die den Grundstein für die Arbeitsgemeinschaft für Umweltfragen legten und sie mit Leben und sachlichen Mitteln ausstattete... Weil ein umweltpolitischer Kampfverband fehlte, mußte er gebildet werden. Wieder waren es Beamte, die den Plan vorwärtstrieben, örtliche Bürgerinitiativen zu einem Dachverband zusammenzuschließen und die die Gründungsversammlung und einiges mehr finanzierten. Natürlich war allen Beteiligten klar, daß man einen ziemlich wilden Haufen ins Leben gerufen hatte, der auch der Umweltverwaltung durch seine Forderungen schwer zu schaffen machen würde. Doch das eigentliche Wadenbeißen des Verbandes fand immer in der richtigen Richtung statt."
Ähnlich sah es auch der damalige stellvertretende Generalsekretär der NATO Dr. W. Henily: "Zuerst haben die europäischen Regierungen gezögert, sich darauf einzulassen. Doch dann haben die grünen Parteien und die Umweltschützer auf die Regierung Druck ausgeübt und sie dazu gezwungen, Ausschüsse einzurichten". Konsequenterweise ist seitdem die Produktion von Versorgungsgütern in absoluten Zahlen weltweit stetig rückläufig.
Das alles geschah vor der Gründung der Grünen Partei. 1980, in ihrem Gründungsjahr, stellte Horst Ehmke in seiner Rede vor der Sozialistischen Internationale in Washington fest: "Das Ruhrgebiet braucht keine Kernenergie, weil der östliche Teil ohnehin seine Schwerindustrie verlieren wird." Im gleichen Jahr verabschiedete die Regierung Carter in den USA ihr Programm Global 2000 und die UNO ihre World Conservation Strategy. In dem Bericht Global 2000 wird allen Ernstes die Eliminierung von zwei Milliarden Menschen bis zum Jahr 2000 gefordert. Wollte man weitere derartige Initiativen aufzählen, würde man sich ins Uferlose verlieren. Wenden wir uns daher nun dem Konzept dahinter zu.
In The Impact of Science on Society schrieb er: "Herrscher, die wissenschaftlich vorgehen, werden normalen Männern und Frauen eine bestimmte Art von Erziehung zukommen lassen, und eine andere denjenigen, die einst Führungsaufgaben in der wissenschaftlichen Machtausübung übernehmen sollen. Normale Männer und Frauen sollen gefügig, fleißig, pünktlich, gedankenlos und zufrieden sein. Von diesen Eigenschaften hält man wahrscheinlich Zufriedenheit für die wichtigste. Um sie zu erzeugen, werden alle Forschungen der Psychoanalyse, des Behaviorismus und der Biochemie ins Spiel gebracht werden. ... Alle (normalen) Jungen und Mädchen werden von frühem Alter an lernen, das zu sein, was man ,kooperativ' nennt, d.h. sie werden genau das tun, was jeder zu tun hat. Eigeninitiative wird man bei diesen Kindern entmutigen... Abgesehen von Fragen der Loyalität zum weltlichen Staat und zu ihrer eigenen Ordnung wird man dagegen die Mitglieder der herrschenden Klasse ermutigen, abenteuerlustig und voller Eigeninitiative zu sein..." (aus dem Engl. übersetzt)
Im weiteren warnt Russell nachdrücklich: "Seltene Fälle werfen ernste Überlegung auf, z.B., wenn ein Junge oder Mädchen dem Alter, in dem normalerweise seine gesellschaftliche Stellung feststeht, entwachsen ist und er/es doch solch markante Fähigkeiten wie diejenigen aufweist, die nur den Herrschenden zukommen. Wenn der Jugendliche dann bereit ist, seine bisherigen Freunde zu verlassen und sich mit ganzem Herzen den Herrschenden einfügt, könnte er nach geeigneten Prüfungen, aufsteigen. Doch wenn er eine bedauerliche Solidarität mit seinen bisherigen Standesgenossen zeigt, werden die Herrschenden nur ungern mit ihm etwas anderes anfangen wollen, als ihn in die Todeszelle zu schicken, und zwar noch, bevor seine wenig beherrschte Intelligenz Zeit findet, Aufstände anzuzetteln. Dies wird für die Herrschenden eine schmerzliche Pflicht sein, doch werden sie - wie ich glaube - nicht davor zurückschrecken sie auszuführen." Soweit die Planungsansätze des "großen Humanisten" Russell.
Ähnliche Überlegungen und Programme wurden seit Ende des 19. Jh. unter dem Stichwort "Masse" von vielen Seiten entwickelt und veröffentlicht. Das bekannteste Programm dieser Art verfaßte der frühere Mitarbeiter des einflußreichen Richters Louis D. Brandeis am Obersten Gerichtshof der USA und spätere Soziologieprofessor David Reisman 1948 unter dem Titel The Lonely Crowd (Die einsame Masse). Das Buch gibt sich als soziologische Beschreibung der Bewußtseinsentwicklung vom vorbürgerlichen "traditionsgeleiteten" über den bürgerlich demokratischen "innengeleiteten" zum massendemokratischen "außengeleiteten" Menschen. Tatsächlich stellt das Buch die Mittel und Medien vor, mit denen sich innengeleitete in außengeleitete Menschen umwandeln lassen. Außengeleitete richten sich nicht mehr nach ihren eigenen aus Lebenserfahrung gewonnenen inneren Überzeugungen, sondern "flexibel" nach Vorgaben der "peer group" und nach den von den Medien je nach Bedarf vorgegebenen, angeblichen Meinungen der "großen Mehrheit"; es handelt sich also um Menschen, die nach Bertrand Russell "vom frühem Alter an gelernt haben, das zu sein, was man ,kooperativ' nennt, das heißt, genau das zu tun, was jeder zu tun hat". Russell sprach vielschichtige wissenschaftliche Methoden der Bewußtseinskontrolle an, die alle auf naturwissenschaftlichen Experimenten beruhten und eine Unmenge an wissenschaftlicher Literatur erzeugten. Hier sei dafür nur ein Beispiel aus dem Werk Timothy Learys zitiert. (Leary war der berüchtigte LSD-Experimentator am berühmten Massachusetts Institute for Technology (MIT) im Rahmen des Projekts MK-Ultra der CIA): "Auf eine unausgesprochene, kaum sichtbare Weise veränderten die Wehrpsychologie zwischen 1941 und 1946 und vor allem die Personalauswahlmethoden des OSS und später der CIA unsere Vorstellungen über die Natur des Menschen. 13 Millionen Jugendliche wurden getestet, dabei gefilmt und das Material ausgewertet. Die Jugendlichen wurden auf komplizierte Fertigkeiten gedrillt, sie wurden in ihrem Verhalten verändert, reduziert und dann mit psychologischen Techniken wieder in ihr ursprüngliches Verhalten zurückgesetzt. Die Folgen waren offensichtlich. In Zukunft werden Kriege, aber ebenso auch der Frieden durch unsere Kenntnisse über das menschliche Gehirn entschieden werden. In solchen Kenntnissen liegt in Zukunft der Schlüssel für das Überleben der Menschheit. Psychologie wurde die Wissenschaft von der Handhabbarkeit des Menschen." (Aus Flashbacks, Los Angeles, J.P. Tarcher 1983, S.378.)
Es blieb nicht bei den Experimenten. Schon 1959 hatte Aldous Huxley auf einem Symposium der Medizinischen Fakultät der Universität Kaliforniens über die Machbarkeit der "Final Revolution" (endgültige Revolution) gesprochen und die Methode, welche "die Menschen dazu bringt, ihre Knechtschaft zu lieben und sozusagen Diktaturen ohne Tränen" zu schaffen. "Das wäre dann eine Art schmerzfreies Konzentrationslager für die ganze Gesellschaft. In ihnen würde zwar den Menschen ihre Freiheit genommen, aber sie würden sich dieses Zustands erfreuen, weil in ihnen jeder Wunsch zur Rebellion durch Propaganda, Gehirnwäsche oder eine mit pharmakologischen Methoden verstärkte Gehirnwäsche erstickt wurde. Und das scheint mir dann die endgültige Revolution zu sein." ("The Final Revolution" in: Contact: The San Francisco Journal of New Writing Art and Ideas Nr. 2 1959, S.5 ff).
Dem folgten in diesem Sinne zahlreiche Planungssymposia auf unterschiedlichen Ebenen. Die Rebellion der 60er Jahre und die Umweltschutzbewegung waren Teil der Umsetzung solcher Vorhaben. Wie das geschah, beschreibt unter anderem Marilyn Ferguson in ihrem 1980 in den USA erschienenen Buch, das in Deutschland als Die Sanfte Verschwörung: Persönliche und gesellschaftliche Transformation im Zeitalter des Wassermanns bei Knaur München 1984 herauskam.
Natürlich handelt es sich dabei nicht nur um individualpsychologische Eingriffe unter Verwendung von Drogen, sondern um einen wohlgeplanten, gesellschaftlichen Wertewandel, an dem schon vor dem Zweiten Weltkrieg von vielen Seiten gearbeitet wurde. Hierfür sollen einige Andeutungen genügen: Nach den Vorbereitungen durch John Ruskin und die Lebensreformbewegung der Fabian Society wurde besonders von Antonio Gramsci und Georg Lukacs (Geschichte und Klassenbewußtsein) herausgearbeitet, daß ohne tiefgreifende Veränderungen der Kultur und des Bewußtseins eine grundlegende Revolution nicht möglich sei.
Daß Familie und Sexualverhalten die Menschen entscheidend prägen und deshalb gezielt verändert werden müßten, geht zurück auf die Psychoanalyse von Freud bis Reich und mit deutlicherer politischer Orientierung unter vielen anderen auf Robert Briffault Die Mütter, eine Studie über den Ursprung von Gefühlen und Institutionen und die berühmte Studie Autorität und Familie der Frankfurter Schule, insbesondere die Beiträge von Horkheimer, Marcuse und Fromm. Umfassende Studien gingen der "Schulreform" voraus, die auf Initiative des IBM-Vorsitzenden Thomas J. Watson und der OECD seit den 50er Jahren Schritt für Schritt durchgesetzt wurde. Auf die große Bedeutung der populären Musik für die Umprogrammierung der Menschen hatte unter anderen T.W. Adorno hingewiesen. Er beteiligte sich mit vielen anderen an Studien darüber, wie die Medien, insbesondere Radio und Fernsehen, das Bewußtsein der Massen formen können - natürlich in einer angeblichen "kritischen" Attitüde.
Alle diese Bemühungen der massenwirksamen Bewußtseinskontrolle und Bewußtseinssteuerung wurden von Intellektuellen betrieben und von den Spitzen der Finanzwirtschaft, der Großindustrie und "demokratischer" Regierungen in Auftrag gegeben und finanziert. Wie ist das zu verstehen?
Es ist nicht so absonderlich, wenn man bedenkt, daß dies von Anbeginn in der britischen Marktwirtschaft angelegt war. Schon bei Adam Smith findet man den Hinweis, die marktwirtschaftliche Gesellschaft sei eine Gesellschaft, die "den vollen Umfang der Reichtümer, die ihr die Natur ihres Bodens, Klimas und ihre Situation im Hinblick auf die anderen Länder zu erwerben erlaubt und die daher nicht weiter fortschreiten kann, sowohl die Löhne wie auch die Aktiengewinne" dürften dann "wahrscheinlich sehr gering ausfallen" (Adam Smith: An Inquiry into the Natur and Causes of Wealth of Nations, Werke Glasgow Edition Bd. 2, Oxford 1776, S. 111). Smith sah den damit verbundenen stationären Zustand allerdings noch in so weiter Ferne, daß er glaubte, sich nicht weiter damit befassen zu müssen. Das war bei seinen progressiveren Jüngern anders.
Malthus konnte auf der Grundlage seines "Bevölkerungsgesetzes" nicht laut genug davor warnen, daß die Übervölkerung den Wohlstand der Reichen bedrohe. Vor allem John Stuart Mill deutete 1848 an, ähnlich wie nach ihm Karl Marx, daß die Marktwirtschaft unausweichlich auf eine stationäre Gesellschaft zulaufen müsse. Mill rechtfertigte bereits steuernde Eingriffe durch Umweltschutzargumente. "Wenn die Erde tatsächlich allen Reiz verlieren muß, den sie der Existenz von Dingen verdankt, die im Verlauf eines ungehemmten Wachstums von Reichtum und Bevölkerung verschwinden werden, weil man nur so in der Lage ist, eine größere, wenn auch nicht eine bessere oder glücklichere, Bevölkerung zu ernähren, so hoffe ich zum Wohle der künftigen Generationen, daß man sich mit einem stationären Zustand zufriedengibt, lange bevor man von der Natur dazu gezwungen wird." (Mill, Principles of Political Economy, Nachdruck, London 1965, S. 756).
Ähnlich wie Smith und Mill sah es Karl Marx. Er ging im Unterschied von Mill davon aus, daß die List der Vernunft den naturwüchsigen Prozeß, der zu Minimallöhnen der Arbeiter und zur Arbeitslosigkeit führen muß, als "Negation der Negation" umschlagen läßt. Diese Annahme lieferte ihm die "wissenschaftliche" Begründung für die sozialistische Revolution, in der die Avantgarde der Arbeiterklasse die für alle "erfreuliche" stationäre Gesellschaft schafft, in der das Individuum je nach Laune "morgens fischen... und abends kritisieren" kann.
Die "objektive" Voraussetzung, um dieses Ziel zu erreichen, war neben der von Adam Smith und seinen Jüngern bereits angekündigten Konzentration der wirtschaftlichen Vermögen in möglichst wenigen Händen und großen transnationalen Unternehmen die sogenannte "Triple Revolution" (dreifache Revolution), das heißt die Machtergreifung der von Baudelaire angesprochenen nicht an Vermögen, sondern an "ursprünglicher Kraft reichen Menschen" in den Vorständen transnationaler Unternehmen und den Regierungsbürokratien, denen der "lange Marsch durch die Institutionen" gelungen war.
Diese Leute hatten zuerst die neulinke und dann die grüne Bewegung in Gang gebracht, um "ihre" Revolution durchzusetzen, die schließlich zur stationären Gesellschaft führen soll. Diese Gesellschaft würde sich prinzipiell nicht mehr entwickeln, sondern sich nur noch, etwa wie die Mode, ständig ändern. Ihre Stabilität beruht auf der drastischen Reduktion der Weltbevölkerung, der Vereinheitlichung der Kultur, auf perfekter Bewußtseins- und Emotionskontrolle mit wissenschaftlichen Methoden und der unumschränkten Herrschaft der Manager, die Staat und Gesellschaft nach "wissenschaftlichen" Methoden möglichst reibungslos steuern.
Die erste Frage läßt sich, wenn man die Funktion des Marktes genauer bedenkt, leicht durchschauen. In Zeiten wenig konzentrierter Wirtschaftsmacht wollen viele Menschen ihr Angebot auf den Markt bringen. Erfolgreich sind diejenigen, denen dies mit dem geringsten Aufwand gelingt, die also dank modernster Technik noch bei den niedrigsten, herunterkonkurrierten Preisen einen Gewinn machen. Bei hoher Konzentration schlägt der Marktmechanismus ins Gegenteil um. Den größten Gewinn machen diejenigen, die das Angebot drosseln und die Angebote anderer vom Markt fernhalten können. Dazu sind drei Vorgehensweisen nötig: 1. Kontrolle des Kredit(Investitions)marktes durch Bankenkonzentration, 2. Kontrolle der Energie und hohe Energiekosten und 3. Umweltgesetze, um feingesteuert bestimmte Investitionen und Produktionen zu erschweren (z.B. Ausschaltung des innovativen Mittelstandes zugunsten transnationaler von den Banken beherrschter Unternehmen). Die Grünen beschimpfen zwar gerne die Finanzwirtschaft, sie tun das aber auf eine recht oberflächliche, wenig treffende Art. Wichtiger ist, daß sie sich modernen, produktionstechnischen Entwicklungen in den Weg stellen und die unmittelbarer wirkende zweite und dritte Vorgehensweise rechtfertigen.
Der Generalverdacht der Grünen richtet sich gegen das durch Technik verstärkte menschliche Handeln. Dieses verurteilen sie, vor allem, wenn es wirksam ist, weil es das freie Wirken der Natur (der Biosphäre ohne Menschen) beeinträchtige und deshalb prinzipiell mehr Schaden als Nutzen anrichte. Es geht also nicht um die Vermeidung oder Behebung einzelner Schadensquellen für die Umwelt mit verbesserten technischen Mitteln. Statt wie in der bisherigen menschlichen Geschichte Grenzen des Wachstums durch wissenschaftlich-technische Entwicklung zu überwinden, soll die menschliche Gesellschaft sich nun an diese Grenzen halten, die prinzipielle Entwicklung ihrer technischen Möglichkeiten einstellen, sich auf die gegebene "Tragfähigkeit" der Erde beschränken, sich in ein von Natur vorgegebenes Gleichgewicht einfügen und dementsprechend ihre Ressourcenentnahme aus der Natur und deren Umwandlung in Abfälle eingrenzen.
Zweifellos können menschliche Wissenschaft und Technik nicht nur begangene Umweltsünden überwinden, sondern die Biosphäre aktivieren, das Wachstum fördern, vom Aussterben bedrohten Arten Lebensraum freihalten und die Landschaft reichhaltiger machen und damit sogar das Klima verbessern. Sie haben das insgesamt und mancherorts in besonderem Maße auch getan, z.B. durch die Renaturierung ehemaliger Braunkohlegruben im Kölner Revier. Ob das mit marktwirtschaftlichen Mitteln unter einem modernen, selbst grünen Management gelingen kann, läßt sich bezweifeln.
Die grünen Vorgehensweisen laufen auf einen stationären Zustand der Gesellschaft hinaus und bedeuteten nach "altlinkem" Verständnis, die Entwicklung des Unterbaus (der Produktivkräfte) anhalten, um den Druck, der sich daraus zur Revolutionierung des Überbaus (Herrschaftsstruktur) ergibt, verpuffen zu lassen. Allerdings hat die grüne Einstellung weitergehende Auswirkungen auf die gesamte Kultur, das Menschsein und natürlich für die Versorgung der Menschen, für ihre Überlebensmöglichkeiten. Die grüne Ideologie sieht den Menschen nicht mehr als einen bewußten, verantwortlichen Heger, Pfleger und Verbesserer der Biosphäre, sondern als ein bedürfnisgeleitetes Säugetier neben anderen, dem es tragischerweise nur gelungen ist, aus dem Gleichgewicht der biologischen Kräfte auszubrechen, und auf Kosten anderer Lebewesen so zu wuchern, daß er das biologische Gleichgewicht stört und dadurch sogar sein eigenes Überleben gefährdet. Ist der Mensch nur Herdenvieh, dann steht der Verminderung seiner Anzahl durch "kultivierende" Maßnahmen nichts mehr im Weg. Problematisch sind allenfalls die Mittel und die Legitimation der Entscheidungsträger. Deshalb werden indirekte Methoden (Hunger, Krieg, Seuchen) den direkteren (wie z.B. Todeszellen, Gaskammern) vorgezogen. Damit werden die Grünen der Würde und dem Wesen des Menschen offensichtlich nicht gerecht.
Das grüne Weltbild gründet sich auf die von der Marktideologie nahegelegte Vorstellung vom Gleichgewicht als Idealzustand. Einen solchen Zustand hat es in der Natur nicht gegeben und kann es auch nicht geben. Zwar täuscht der Tages- oder Jahresrhythmus stetige Kreisläufe vor, zwar erwecken sich über lange Zeiträume erstreckende Phasenverschiebungen den Eindruck von Gleichgewichtszuständen. Tatsächlich ist in der Natur alles im Fluß, selbst Sonnen verglühen und Galaxien kollabieren. Konzentrierte Energie zerstrahlt sich entropisch im weiten Raum, wenn es nicht gelingt, sie wieder in entwickeltere und damit konzentrierte Formen negativ-entropisch zu bündeln. Die Fähigkeit zur Negentropie ist das Wesen des evolutionären Lebens, insbesondere des vernunftbegabten Menschen, solange er sich seiner Vernunft bedient (und sie ihm nicht durch allerlei Bildungsreformen abgewöhnt wird).
Die biologische Evolution mag das verdeutlichen. Eine bestehende Symbiose von Organismen verdünnt, indem sie lebt, die ihr als Rohstoffe dienenden Substanzen in der sie umgebenden anorganischen Welt. Sie läuft damit ihrem eigenen Ende entgegen. Erst wenn es ihr gelingt, die vorhandenen Rohstoffe besser und weitere Stoffe zusätzlich als Rohstoffe zu nutzen, kann sie ihr Leben als Symbiose auf Dauer erhalten. Sie kann es aber nicht, indem sie im vorhandenen Gleichgewicht bestehen bleibt. Sie muß sich ändern und zwar so, daß sie komplexer wird, indem sie z.B. die Nahrungskette durch zwischengeschaltete neue Arten verlängert oder lernt, durch gesteigerte Energiedichte ihrer biologischen Prozesse die Nutzung der bisherigen Rohstoffe zu steigern und neue Stoffe zu verwenden. Stillstand im Gleichgewicht ist Tod, Leben besteht in der zielgerichteten Veränderung seiner selbst und seiner Umwelt. Die Gleichgewichtsideologie der Grünen ist im Prinzip lebens- und naturfeindlich.
Das ist auch der Grund, weshalb die Kernenergie im Zentrum grüner Ablehnung steht. Die angebliche Unbeherrschbarkeit der Kernenergie und die vorgeschobenen Aufbewahrungsschwierigkeiten ihrer Abbrände erweisen sich angesichts der heute schon verfügbaren technischen Möglichkeiten als bewußte Täuschung. Tatsächlich ließen sich, wenn man das wirtschaftlich wollte, physikalisch sichere Reaktoren (HTR oder mit Beschleunigern gezündete Kernreaktoren) bauen und instabile, radioaktive Kerne mit Hilfe harter Neutronenstrahlung, z.B. in Schnellen Brütern oder aus gezielter Spallation, in stabile umwandeln (Transmutation).
Kernenergie ist auch das Mittel, um tatsächliche Umweltprobleme wirklich zu beheben, nämlich anfallende Abfälle produktiv wiederzuverwenden. Warum sie das ist, wäre einfach zu durchschauen. Unsere Erde ist endlich. Zu ihrer Masse kommt - von geringen kosmischen Einstrahlungen abgesehen - nichts Wesentliches hinzu, sie verliert auch nichts. Ihre Masse besteht aus wechselnden Verbindungen von nur rund 90 stabilen Elementen (Atomarten, ohne ihre Isotope). Demnach besteht das Umweltproblem, wenn man von der Zersiedelung der Landschaft - z.B. durch energetisch unerhebliche Windmühlen - absieht, nur in der Anreicherung unerwünschter, chemischer Verbindungen an bestimmten Orten. Beide Probleme lassen sich mit Hilfe von Energie beheben, indem man die Substanzen umverteilt und, wichtiger noch, die unerwünschten chemischen Verbindungen (Abfälle) löst und die dann freigesetzten Elemente zu anderen erwünschten Stoffen neu verbindet. Dies kann sinnvollerweise nicht mithilfe chemischer Energie geschehen, die aus der Herstellung oder Lösung chemischer Verbindungen (wie z.B. bei der Verbrennung) gewonnen wird, weil dabei weitere unerwünschte Verbindungen entstehen (z.B. das zu Unrecht als Klimagift verschrieene CO2). Kernspaltung oder Fusion liefert pro Atom bzw. Molekül millionenfach mehr und dichtere Energie als Verbrennung.
Ohne Kernenergie gibt es keinen ernsthaften Umweltschutz, sondern nur eine sich entropisch verbrauchende Umwelt, der lediglich die Photosynthese von CO2 und Wasser durch Pflanzen mithilfe des Sonnenlichts etwas entgegenwirkt.
Gerade im Nutzen der Kernenergie liegt also der Grund für die Feindschaft der grünen Verfechter der "dreifachen Revolution". Mit Hilfe der Kernenergie lassen sich die durch Umweltprobleme heute scheinbar vorgegebenen Grenzen des Wachstums überwinden, was ihre Revolution unnötig machen würde. Die Kernenergie, vor allem auch in der Form der Kernfusion, eröffnet der Menschheit bisher noch nicht zu übersehene Entwicklungsmöglichkeiten, Möglichkeiten, welche die Eliten der "dreifachen Revolution" wahrscheinlich erst dann wahrnehmen wollen, wenn sie ihre Macht über die verdummte Masse Mensch und die Gesellschaft unumkehrbar gemacht haben. Diese Möglichkeiten allen Menschen und ihrer persönlichen Weiterentwicklung fruchtbar zu machen, rechtfertigt den Kampf gegen die in unterschiedlichen Parteifärbungen, aber vor allem "grün", auftretenden Endzeitprogrammierer der geplanten "dreifachen Revolution" der Manager und Meinungsmanipulatoren.
Wie ist nun die Interessengleichheit zwischen den neokonservativen Vordenkern der Führungskader transnationaler Großunternehmen und den scheinbar oppositionellen Grünen zu verstehen? Diese Frage betrifft vorwiegend die innere Führung der Grünen.
Einen Hinweis auf die mögliche Antwort findet man in Studien zum Gruppendiskussionsverfahren der Frankfurter Schule aus den 50er Jahren. Hier kritisiert Adorno die Propaganda der "totalitären Staaten" als unwirksam, weil sie versucht, den Menschen eine feste Meinung aufzunötigen. Dem würden sich die Menschen aber instinktiv widersetzen. Sinnvoller sei es, den Menschen Meinung und Gegenmeinung anzubieten und zwar derart, daß sie, wenn sie eine der angebotenen Positionen beziehen, die gewünschte "Epistemologie" (Form des Denkens) einnehmen und damit durch scheinbar eigenes Nachdenken von alleine zu den gewünschten Schlüssen geführt werden. Werden die "einfachen" Menschen unter dem modernen "shareholder value" (Eigentümerwertsystem) zu bloßen Wirtschaftsfaktoren, zu zweckdienlichen Objekten, so macht die grüne Ideologie daraus bloße biologische Wesen, die dem Schlachtvieh prinzipiell gleichgestellt sind.
Wer sich selbst für so etwas hält, mag die Konsequenzen der Politik beider tragen, die auf dasselbe hinauslaufen, nämlich die immer schlechtere Versorgung der "breiten Masse". Wer an sich und seine Mitmenschen Ansprüche stellt, die über ein solches Menschenbild hinausgehen, wird sich der grünen Ideologie und der damit verbundenen Politik widersetzen, ohne auf die Politik der nur zum Schein entgegengesetzten Neokonservativen hereinzufallen.
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