April 2006:

Das Maß ist voll:

BüSo legt Widerspruch gegen Wiesbadener Wahlergebnis ein

Wortmeldung von Alexander Hartmann bei der Kurier-Forumsdiskussion
Gängeleien und zweierlei Maß der Medien ist man ja schon gewohnt: Das Bild zeigt einen Blick ins Publikum einer Podiumsdiskussion während des Wiesbadener Oberbürgermeister-Wahlkampfs im Jahr 2003. Am Tisch stehend, der BüSo-OB-Kandidat Alexander Hartmann, der als einziger Kandidat nicht zu einem Redebeitrag eingeladen wurde, hier bei einer Wortmeldung. - Jetzt geht es um mehr!

Alexander Hartmann, BüSo-Spitzenkandidat bei der Stadtverordnetenwahl am 26. März 2006, hat am 12. April beim Kreiswahlleiter Einspruch gegen die Gültigkeit des amtlichen Ergebnisses der Stadtverordnetenwahl eingelegt. Anlaß des Einspruchs ist das Verhalten der Wiesbadener Massenmedien in ihrer Berichterstattung über den Wiesbadener Kommunalwahlkampf, "das, sofern es nicht sogar den Straftatbestand der Wählertäuschung erfüllt, wenigstens als offensichtlich gegen die guten Sitten verstoßend betrachtet werden muß". In einer Demokratie hätten die Wähler einen Anspruch darauf, wahrheitsgemäß über die zur Wahl stehenden Parteien und deren Positionen informiert zu werden. Die Wiesbadener Medien hätten ihren Wählern jedoch nicht nur die Positionen der BüSo verschwiegen, "einige Zeitungen gingen in ihrer Wahlberichterstattung sogar so weit, den Eindruck zu erwecken, als stünden die BüSo und ihre Kandidaten überhaupt nicht zur Wahl." Dies gelte insbesondere für die Berichterstattung des Wiesbadener Kurier, der in seinen tabellenartigen, den Eindruck der Vollständigkeit erweckenden Programmvergleichen die Kandidatur der BüSo glattweg verschwiegen habe.

Hartmann: "Es ist ... offensichtlich, daß es hier nicht nur um die Frage geht, ob die BüSo im Wiesbadener Stadtparlament vertreten ist. Viel wichtiger ist etwas Grundsätzliches, nämlich daß hier das Recht des Bürgers, selbst ein kompetentes Urteil darüber zu fällen, welche Parteien er wählen will oder nicht, durch das täuschende und bevormundende Verhalten der Wiesbadener Zeitungen verletzt wurde." Die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung sei dazu berufen, die Interessen dieser Bürger wahrzunehmen und die Bürger vor solchen Wahlmanipulationen zu schützen.

Nicht nur der Wiesbadener Kurier sah sich gezwungen, über die Wahlanfechtung der BüSo zu berichten, auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung brachte am 20. April eine entsprechende Meldung.

Wahleinspruch der BüSo zurückgewiesen

Die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung hat am 27. April in ihrer konstituierenden Sitzung den Einspruch des BüSo-Spitzenkandidaten Alexander Hartmann gegen die Gültigkeit der Wiesbadener Stadtverordnetenwahl zurückgewiesen. Hartmann hatte, wie berichtet, auf die täuschende Wahlberichterstattung der Wiesbadener Massenmedien, insbesondere des Wiesbadener Kurier, hingewiesen. Diese sei ein offensichtlicher "Verstoß gegen die guten Sitten", der Einfluß auf die Verteilung der Sitze gehabt haben könne. Somit sei die Wahl nach Maßgabe des Kommunalwahlgesetzes für ungültig zu erklären.

Dem hält der Wiesbadener Wahlleiter, Stadtrat Peter Grella, in seinem Ablehnungsbescheid vom 11. Mai entgegen: "Die von Ihnen gerügte Berichterstattung in den Tageszeitungen Wiesbadener Kurier und Wiesbadener Tagblatt stellt keinen derartigen Verstoß gegen diese Grundsätze dar. Sie beziehen sich in Ihrem Einspruch ausschließlich auf den redaktionellen Teil der Zeitungen. Dieser unterliegt der Pressefreiheit [Hervorh. im Original, d. Red.]. Die Pressefreiheit umfaßt die Freiheit, die Grundrichtung einer Zeitung unbeeinflußt zu bestimmen und zu verwirklichen. Bei der Gestaltung des redaktionellen Teils ist die Presse hinsichtlich der Auswahl der Nachrichten und der Verbreitung von Meinungen grundsätzlich frei. Sie ist insoweit nicht zur Neutralität im Wahlwettbewerb der Wahlvorschlagsträger verpflichtet ... Aus der von Ihnen so bezeichneten Monopolstellung des Wiesbadener Kuriers/Wiesbadener Tagblatts und der sich daraus vermeintlich ergebenden einseitigen Berichterstattung läßt sich somit wegen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Pressefreiheit nicht der Tatbestand einer unzulässigen Wahlbeeinflussung herleiten ..." Der Einspruch sei somit zurückzuweisen. Dieser Empfehlung des Wahlleiters folgte die Stadtverordnetenversammlung am 27. April.

Alexander Hartmann kommentierte diese Entscheidung: "In der im Bescheid selbst zitierten Wahlprüfungsvorschrift hessischen Kommunalwahlgesetzes heißt es ausdrücklich: ,... Sind im Wahlverfahren ... gegen die guten Sitten verstoßende Handlungen, die das Wahlergebnis beeinflussen, vorgekommen ... so ist die Wiederholung der Wahl anzuordnen.' Auf die Möglichkeit, daß das Verhalten des Kuriers wahlentscheidenden Einfluß hatte, geht der Wahlleiter in seinem Bescheid nicht ein; dieser Punkt wird also nicht bestritten. Somit reduziert sich der Streit auf die Frage, ob das Verhalten der Wiesbadener Medien ein Verstoß gegen die guten Sitten war, oder nicht.

Mit ihrer Entscheidung, den Einspruch zurückzuweisen, erklärt die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung implizit, das Verhalten der Wiesbadener Medien, dem Bürger wahrheitsgemäße Informationen über die Programme und Kandidaten der antretenden Parteien zu verweigern, sei kein Verstoß gegen die guten Sitten.

Damit stellt sie sich selbst ein Armutszeugnis aus. Denn welche Rückschlüsse muß der Bürger hieraus auf die ,Sittlichkeit' seiner Vertreter ziehen - oder zumindestens auf ihren Mut, sich auch mit selbstherrlichen Chefredakteuren anzulegen, wenn das Gemeinwohl es erfordert? Was konnte sie daran hindern, das Vorgehen der Medien für sittenwidrig zu erklären, wenn nicht die Angst, sich dem Unmut der Redaktionen auszusetzen?"


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